München – Die deutschen Nationalmannschafts-Rekorde in Eishockey-Dramatik hielten bislang die Männer. Nostalgiker erinnern sich: 21 Sekunden vor Turnierende gelang 1976 – Torschütze Rainer Philipp zum 2:1 gegen Polen – der Erhalt der Weltmeisterschafts-Gruppe A. Dann im Jahr 2000 in Ljubljana die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2002: Mirko Lüdemann acht Sekunden vor der finalen Sirene zum 2:1 gegen Italien. Doch all das wurde am Dienstagabend bei der Weltmeisterschaft der Frauen in Dänemark getoppt: Die Deutschen benötigten, um den Abstieg aus der höchsten Division zu verhindern, noch ein Tor: Tanja Eisenschmid vollbrachte es, das 3:2 gegen die Gastgeberinnen. Als der Jubel losbrach, zeigte die Hallenuhr eine Restspielzeit von 0,1 Sekunden an.
Sie wurde auf eine komplette Sekunde zurückgestellt und die Scheibe noch einmal eingeworfen – dann war es offiziell. Zweimal überprüften die Schiedsrichterinnen, ob der deutsche Treffer auch wirklich korrekt war. Der dänische Trainer hatte die „Coaches’ Challenge“ genommen. Vergebens. Es hatte alles seine Ordnung. Die Däninnen brachen in Tränen aus – denn die 2:3-Niederlage nach 2:1-Führung bedeutete den Abstieg. Ins Viertelfinale der besten acht Nationen kam überraschend Ungarn – trainiert von Pat Cortina, im Hauptjob beim SC Riessersee angestellt.
In der 56. Minute hatten die deutschen Frauen zum 2:2 ausgeglichen. Verbandspräsident Peter Merten registrierte im letzten Drittel „absolute Dominanz mit 25:1 Torschüssen“. Trainer Tom Schädler nahm am Ende Torhüterin Sandra Abstreiter vom Eis. „Wichtig war in der zweiten Drittelpause der Glaube an uns selbst. Dieser Glaube versetzt Berge.“ Tanja Eisenschmid, die Erlöserin, spielt professionell Eishockey, sie steht bei Djurgarden Stockholm unter Vertrag.
Das deutsche Team, 2017 noch Nummer vier in der Welt, steckt im Umbruch. Der kann nun fortgeführt werden. „Das Ziel Viertelfinale“, so Coach Schädler, „haben wir nicht erreicht. Doch jetzt überwiegt die Freude.“ GÜNTER KLEIN