Bayern im Stimmungshoch

Frühe Gefühle – heuer erlaubt

von Redaktion

HANNA RAIF

Der Viktoria-Kreis auf dem Feld wurde direkt nach Abpfiff gebildet – und die Stimmung war positiv. Nur 0:5 hatte Köln schließlich gegen den FC Bayern verloren, oder besser: gewonnen? Trainer Olaf Janßen hörte man als echten Sieger sprechen. „Wir haben unsere DNA so geil gezeigt – und können sehr, sehr stolz sein“, sagte er. Fehl am Platz? Schon okay! Der Drittligist genießt das Privileg, das andere Gegner, die vom Branchenprimus auf die Mütze bekommen, eben nicht haben.

Aus Leipzig (3:5 im Supercup), Frankfurt (1:6) und Bochum (0:7) hörte man da in den vergangenen Wochen andere Töne, zum Glück. Trotzdem war die Erkenntnis nach den hohen Niederlagen auch für – zumindest auf dem Papier – gleichklassige Gegner dieselbe. Es muss aktuell schon viel schieflaufen, damit diese Bayern in dieser Form und unter diesem Trainer nicht gewinnen. Scheitern können sie kaum an einem Gegner, sondern eher an sich selbst. Wenn der Ball nicht über die Linie will, wie zuletzt gegen Gladbach. Oder die Stimmung, die sie gerade trägt, halt doch irgendwann kippt.

Es war am Mittwoch schön zu beobachten, in welcher Gefühlslage sich die Verantwortlichen aus München befinden. Welches Grinsen Hasan Salihamidzic über die Lippen kommt, wenn er halt doch mal ausspricht, dass er „viele Titel“ will. Wie glaubhaft Julian Nagelsmann versichert, dass sein Gefühl schon jetzt besser sei „als an jedem anderen Tag der letzten Saison“. Es galt mal als ungeschriebenes Gesetz, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt der Saison vorsichtig zu sein mit allzu forschen Tönen. Die Ehrlichkeit kommt aber nicht von ungefähr.

In der Tat beeindruckt, was der FC Bayern aktuell abliefert. Dabei geht es aber gar nicht um Ergebnisse und gleich zwei Mal nicht um ein 5:0 in der ersten Runde des DFB-Pokals. Vielmehr kann nach den vergangenen Wochen der Eindruck gewonnen werden, dass alle 23 Spieler ihren Teil dazu beitragen können (gute Transfers) und wollen (guter Geist), gemeinsam heuer mehr einzusammeln als die standardmäßige Meisterschale.

Man sollte daran erinnern, dass selbst dem Rausschmiss von Niko Kovac einst zum Saisonstart Ergebnisse wie ein 6:1 gegen Mainz und ein 7:2 in Tottenham vorausgingen. Manchmal täuscht ein frühes Gefühl. Aber es wäre keine Riesenüberraschung, wenn einer im Mai 2023 posaunt: Ich habe es euch doch gleich gesagt!

hanna.raif@ovb.net

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