München – Die Gegner reiben sich verwundert die Augen über die Dominanz von Red Bull. Ferrari will daher, dass die FIA genauer hinschaut. Seit 2008 wartet die Scuderia auf den WM-Titel. Das sind fast 14 Jahre Durststrecke. Doch spätestens seit Sonntag in Spa ist klar: Auch in diesem Jahr wird es wieder nichts werden mit der WM. Top-Star Charles Leclerc hat nach Platz sechs beim Belgien-GP 98 Punkte Rückstand auf den fliegenden Holländer Max Verstappen, der am Sonntag in Zandvoort ein Heimrennen hat.
Doch nicht nur das: Der Red Bull war nach Ungarn auch in Spa klar schneller als die Rennwagen der Scuderia. Das geben auch die Verantwortlichen des Traditionsteams in Maranello zu. Allein: Es fehlt der Glaube, dass bei der unfassbaren Dominanz von Verstappen und Co. alles mit rechten Dingen zugehen kann.
Besonders das Gerücht, wonach Red Bull an einem weiteren Leichtgewichts-Chassis arbeitet, sorgte bei Ferrari-Rennleiter Mattia Binotto in dessen Presserunde nach dem Rennen für hochgezogene Augenbrauen. „Wir könnten es uns nicht leisten, ein leichteres Chassis – oder irgendein anderes Chassis – während der Saison zu entwickeln, weil das Budget das nicht zulässt. Ich wäre sehr überrascht, wenn das für andere Teams möglich wäre.“ Zur Erinnerung: 2022 greift ein Budgetlimit von 140 Millionen Dollar. Das gilt für alle Teams. Ergo müsste auch Ferraris Konkurrenz bei der Weiterentwicklung des Autos Defizite haben. Nicht so Red Bull. Das Team von Energy-Drink-Milliardär Dietrich Mateschitz entwickelt seinen RB18 gefühlt wöchentlich weiter. Binotto drängt deshalb die FIA genauer hinzuschauen, zumal Red Bull mit Red Bull Racing und AlphaTauri zwei Teams hat. „Man muss sich fragen, ob die Überwachung ausreichend ist. Leider haben bei der FIA nur wenige Leute ein Auge darauf. Das muss für die Zukunft besser werden. Es wäre wirklich schlecht, wenn die Meisterschaft durch die Finanzregeln entschieden würde.“
Fest steht: Die kleine Überlegenheit vom Saisonbeginn konnte Ferrari nicht in den Sommer retten. In Spa war Leclerc noch nicht mal mit weichen Reifen und leerem Tank in der Lage, Verstappens schnellste Runde zu knacken. „Es gab einen echten Performance-Unterschied zwischen uns und Red Bull“, räumt Binotto ein.
Was ihm Sorgen macht: „Unser Rückstand war, wenn auch nicht so signifikant, schon in Ungarn zu erkennen – auf einer ganz anderen Strecke, die viel Abtrieb verlangt.“ Seine Schlussfolgerung: „Der Red Bull ist einfach ein schnelleres Auto.“ Weil es nämlich effizienter arbeitet. Binotto erklärt: „Mir macht vor allem Sorgen, dass sie mit weniger Abtrieb gefahren sind und trotzdem starke Zeiten im Mittelsektor setzen konnten, wo man Abtrieb braucht.“ RALF BACH