Ein Drama mit großen Helden

von Redaktion

109:107 n.2.V. – DBB-Auswahl bezwingt Litauen und kämpft bei der EM um den Gruppensieg

VON PATRICK REICHELT

Köln – Als der Basketball-Nachmittag in der Kölnarena sich dem Höhepunkt des Wahnsinns näherte, rückte Maodo Lo noch einmal in den Mittelpunkt. Gleich zweimal binnen weniger Sekunden drückte der Spielmacher der deutschen Nationalmannschaft von der Dreierlinie ab, zweimal flutschte der Ball durch die Reuse. Es waren die Momente, in denen sich die Geschicke in einem schwer unfassbaren Basketballspiel gegen Litauen ein letztes, ein entscheidendes Mal zu deutschen Gunsten wendete. Am Ende stand ein 109:107 (89:89, 46:41) nach zwei Verlängerungen für das Team des Deutschen Basketball Bundes (DBB). Sieg Nummer drei bei dieser Europameisterschaft für Kapitän Dennis Schröder und Kollegen nach dem schwer erkämpften 92:82 über Bosnien-Herzegowina am Samstag – der Rausch in Schwarz-Rot-Gold geht weiter, das Achtelfinale in Berlin ist schon einmal gebucht.

Der Bundestrainer nahm es fast schon provokant gelassen. „Das war schon ganz gut“, sagte Herbert nach getaner Arbeit. Sprach‘s und richtete den Blick nach vorne, auf den Dienstag, wenn es für sein Team gegen Slowenien aller Voraussicht nach um den Gruppensieg geht.

Irgendwie typisch für den Kanadier. Auch Nebengeräusche gehen an ihm vorbei. So wie die Mißtöne von Robin Benzing, der sich im Podcast „GotNexxt“ verbittert über seine Aussortierung äußerte. „Es war für mich wie ein gebrochenes Herz oder ein Dolch, der mitten reingeht“, sagte der 33-Jährige. Es habe ihn doppelt getroffen weil er in der Vergangenheit für die „Droge“ Nationalteam“ viel geopfert habe. Er habe für den DBB die Geburt seiner Tochter verpasst, sei auch zur Verfügung gestanden, als seine Frau eine Krebsdiagnose erhielt.

Entsprechend wehmütig wird sich Benzing angeschaut haben, was seine Kollegen gegen Litauen ablieferten. In einem bemerkenswerten Spiel, das die deutsche Mannschaft lange dominierte. In dem man lange wie ein ziemlich sicherer Sieger aussah. Auch dank der Show von NBA-Youngster Franz Wagner, der seine bislang beste Vorstellung im DBB-Trikot mit bärenstarken 32 Punkten garnierte. Und er fand es selbst richtig lustig: „Es war wild, aber es war richtig geil.“

Allerdings: Je länger die Sache dauerte, desto besser arbeiteten sich die noch sieglosen Litauer in die Partie. Vor allem am Korb hatten sie ein 120-Kilo-Argument. An Jonas Valanciunas, Center-Koloss von den New Orleans Pelicans, arbeitete sich die komplette Riege der deutschen langen Männer ab – am Ende waren alle deutschen Center in Foulbedrängnis.

Und am Ende hatte Litauen sogar Pech. Die nicht immer souveränen Schiedsrichter hatten einen litauischen Freiwurf schlicht vergessen, den es wegen eines Technischen Fouls gegen Gordon Herbert hätte geben müssen. Kurz vor Schluss fiel der Fehler auf, doch nachholen lässt sich ein Strafwurf laut Reglement nicht. Litauens Verband legte Protest gegen die Wertung ein – nachvollziehbar in einer verrückten Partie, die nach normaler Spielzeit (89:89) und erster Verlängerung (96:96) Unentschieden endete. Was heraus kommt, bleibt abzuwarten.

Doch so oder so wird ein weiterer starker Teamauftritt hängen bleiben. Ein Spiel, das die deutsche Mannschaft am Ende auch deshalb gewann, weil sie bei dieser EM breit besetzt ist und die Verantwortung auf viele Schultern verteilen kann. Litauen hat es zu spüren bekommen. Auch in der zweiten Verlängerung, als Maodo Lo übernahm.

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