Diskussion in Dauerschleife

von Redaktion

Ist Choupo-Moting Bayerns Lösung? Matthäus: „Er ist nicht Lewandowski“

VON HANNA RAIF UND PHILIPP KESSLER

München – 15 Minuten Verspätung waren am Freitag angesagt, denn die Diskussion, das deutete sich schnell an, würde dauern. Die Pressekonferenz vor dem Spiel des FC Bayern bei Union Berlin (1:1) musste verzögert starten, aber als Julian Nagelsmann den Presseraum dann betrat, sah man ihm Erleichterung an. Ja, Eric Maxim Choupo-Moting habe Probleme, die Addukturen und der Schambein-Bereich zwicken. Aber es sei nun in einer hitzigen Debatte mit dem medizinischen Team besprochen worden, dass der Kameruner „über den Schmerz gehen“ soll. So ist es eben, wenn man der einzig verbliebene klassischen Mittelstürmer im Kader ist. Da heißt es: Zähne zusammenbeißen.

Die Geschichte vor dem Spiel war interessanter als jene danach. Denn beim zweiten Bundesliga-Remis hintereinander spielte Choupo-Moting tatsächlich gar keine Rolle. Er saß zwar auf der Bank, wurde aber nicht eingewechselt, weil gegen das dichte Bollwerk der Gastgeber ein Stoßstürmer in Nagelsmanns Augen nicht das richtige Mittel zum Erfolg gewesen wäre. In den Reihen dahinter fehlte die Kreativität, die Bälle in den Strafraum zu bringen; es war schlicht und ergreifend mit dem „niedrigen Energielevel“, das Nagelsmann seinem Team attestierte, kein Durchkommen. So blieb es bei einem Tor von Joshua Kimmich, dem enttäuschenden Ergebnis – und der Debatte, die immer wieder passt: Hätte Robert Lewandowski vielleicht geholfen?

„Die Frage gibt es nur, weil ihr sie stellt“, sagte Nagelsmann in Berlin, sichtlich genervt. Aber dem Bayern-Trainer ist natürlich nicht entgangen, dass die Nachrichten aus Spanien aktuell nicht unbedingt förderlich sind. Bei fünf Liga-Toren in vier Spielen steht Lewandowski rund eine Woche. bevor der am kommenden Dienstag mit dem FC Barcelona in der Champions League in der Allianz Arena antritt. Der abgewanderte Superstar trifft nach Belieben, während die Bayern gegen tief stehende Gegner noch kein Mittel gefunden haben. Aus 56 Torchancen gegen Mönchengladbach (1:1) und in Berlin sind gerade mal zwei Tore entstanden. Der Plan, die Last des Lewandowski-Abgangs auf mehreren Schultern zu verteilen, als Team zu kompensieren, ist aktuell ein wenig ins Stocken geraten.

Dass Choupo-Moting keine ganz schlechte Option ist, hat er seit seinem Wechsel vor zwei Jahren schon das eine oder andere Mal bewiesen. Im Champions-League-Viertelfinale 2021 etwa, als Lewandowski fehlte, traf er gegen Paris St. Germain im Hin- und Rückspiel, wurde für seinen Einsatz viel gelobt. Natürlich, sagt Lothar Matthäus im Gespräch mit unserer Zeitung, „ist Choupo-Moting kein Lewandowski“, aber der Sky-Experte fügt hinzu: „Trotzdem ist es mal mindestens ein Spieler, den ich da vorne hinstellen kann – und dann nicht Matthijs de Ligt bringen muss.“ Der Innenverteidiger war gegen Gladbach in der Schlussphase als Stürmer eingewechselt worden.

In der Startelf hat Choupo-Moting nichts verloren, denn Nagelsmann bleibt bei seinem 4-2-2-2-System. Für Matthäus kam die Umstellung „überraschend. In den letzten zehn Jahren war man zehn Mal Meister mit einem 4-2-3-1-System, hat so auch zwei Mal die Champions League gewonnen, war eigentlich erfolgreich.“ Kritik üben will der 61-Jährige nicht, betont aber: „Man ist dadurch ein Risiko eingegangen.“ Und muss mit den Konsequenzen jetzt leben.

Choupo-Moting wird „über den Schmerz gehen“, wenn er denn muss. Auch Hasan Salihamidzic betonte zuletzt: „Wir rechnen mit ihm“, es sei wichtig, ihn in der Champions League als Option zu haben. Gegen Inter Mailand ist auch Mathys Tel wieder dabei. Dass einer der beiden die Diskussion dauerhaft verstummen lassen wird, ist eher unwahrscheinlich.

Artikel 1 von 11