München – Walter Zenga (62) war einer der besten Keeper, die Italien je hätte. Zwischen 1989 und 1991 wurde er dreimal in Folge Welttorhüter. Die Fans von Inter lieben ihn. Mit Andy Brehme (61) und Lothar Matthäus (61) gewann Zenga 1989 die Meisterschaft sowie 1991, damals war auch Jürgen Klinsmann (58) sein Mitspieler, den UEFA Cup. Als Karl-Heinz Rummenigge (66) 1984 zu den Nerazzurri wechselte, hat Zenga ihm Seidenstrümpfe statt der weißen Tennissocken zum Anzug verordnet. „Kalle hat mich damals sportlich unter seine Fittiche genommen. Er ist eine großartige Person, ein Freund“, sagt Zenga im Gespräch mit unserer Zeitung: „Ich habe zu allen noch ein super Verhältnis.“
Zenga war bis Oktober 2020 Trainer von Cagliari und wohnt mittlerweile in Dubai. Die Derby-Niederlage von Inter gegen den AC Mailand am vergangenen Samstag erlebte er live im San Siro. Das Champions-League-Spiel morgen (21 Uhr, DAZN) zwischen Inter und dem FC Bayern wird die Torwart-Legende von zuhause aus verfolgen. „Obwohl Bayern zuletzt in der Liga zweimal Unentschieden gespielt hat, denkt jeder, sie sind Favorit. Inter hat auch ein starkes Team, ist aber nicht gut in Form“, so Zenga und ergänzt mit einem Schmunzeln: „Aber da denke ich gerne an 1988 zurück: Da haben wir im UEFA Cup 1:3 gegen Bayern verloren und ein paar Tage später das Derby gewonnen. Hoffen wir, dass es nun umgekehrt sein wird.“
Die Defensive bereitet Inter allerdings Sorgen. Vor allem Alessandro Bastoni (23) steht in der Kritik. Auf ihn hat sich Ex-Stürmer Alessandro Cassano (40) eingeschossen. „Er macht katastrophale Fehler. Bastion muss aufwachen, anstatt sich um die Likes und Follower in den sozialen Medien zu kümmern“, motzte der ehemalige Inter-Profi auf Instagram. „Aus meiner Sicht liegt die defensive Anfälligkeit nicht nur an der Abwehr und am Torwart. Das ist zu einfach“, betont Zenga. „Die ganze Mannschaft verteidigt derzeit nicht gut.“
Und vorne? Da läuft es bei den Mailändern grundsätzlich gut. Mit Ausnahme des Ausfalls von Stürmer Romelu Lukaku (29/Oberschenkel). „Glück für Bayern, dass er nicht spielen kann“, meint Zenga. „Ich habe das 1:1 gegen Gladbach gesehen: Sie hatten über 30 Torschüsse, Borussia hat aus einem Konter ein Tor erzielt. Dafür wäre Lukaku bestens geeignet gewesen.“ Aber auch Inter-Stürmer Lautaro Martinez (25) sei brandgefährlich. „Er hat in den letzten 12 Spielen zehn Tore erzielt. Mehr braucht man nicht zu sagen“, sagt Zenga, der den Sechser Marcelo Brozovic (29) als besten Inter-Spieler sieht.
Wie schätzt er Bayern ein? „Sie sind sehr stark. Ihre Mentalität ist die eines Top-Teams. Wie Liverpool oder Real müssen sie ihre Taktik nicht komplett auf den Gegner einstellen. Sie treten zuhause gleich auf wie auswärts“, findet Zenga. Die These, dass dem FC Bayern vorne ein Mittelstürmer wie der zum FC Barcelona abgewanderte Robert Lewandowski (34), unterstützt er nicht. „Mit Ausnahme der zwei Unentschieden haben sie immer mit einigen Treffern Unterschied und vielen verschiedenen Torschützen gewonnen“ sagt Zenga, der heute ein aufregendes Spiel sehen will. „Als Fan hoffe ich, dass beide Teams mit offenem Visier spielen – und Inter am Ende gewinnt.“ P. KESSLER