Frankfurt – Dem Tag war die Feierlichkeit anzumerken: Die Angestellten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verließen ihre neuen Räumlichkeiten, sie traten hinaus ins Freie, denn auf zwei der vier Plätze gab es etwas zu sehen: Die Stars des Landes bei der Arbeit. Training der Männer-A-Nationalmannschaft erstmals auf dem „Campus“, wie der DFB sein kürzlich bezogenes Quartier akademisch nennt. Die Optik ist wunderbar: Stellen sich die Fotografen in einem bestimmten Winkel auf, bildet die Bankenhochhaus-Skyline von Frankfurt die Kulisse. Diese Bilder werden vertraut werden, wenn die Vorbereitung auf Länderspiele ansteht.
Es war um die Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika herum, dass Oliver Bierhoff die Vision zu entwickeln bekam. Was andere große Verbände wie der französische und englische hatten, sollte auch zum Standard in Deutschland werden: eine feste Heimat für die Nationalmannschaft, das wichtigste Aushängeschild, zu haben, sozusagen ein „deutsches Clairefontaine“. Ein Zentrum, in dem alles zusammenläuft und an das sich auch die Auswahlteams zurückziehen können. Die deutsche Mannschaft war ja mehr so ein Wanderzirkus, der sich in die Spielort-Rotation einfügte und durch die Republik tingelte. Das wird sich nun ändern. Diese Woche liefert das erste Beispiel: Bis Donnerstag ist die Mannschaft in Frankfurt, am Freitag spielt sie in Leipzig. Gereist wird mit der Bahn (also geht es auch um Nachhaltigkeit).
Doch wird der Campus wirklich Heimat-Status erlangen? Angedacht war, dass die Nationalspieler auf dem Gelände, das früher als Galopprennbahn diente, auch wohnen. Doch Hansi Flicks Kader hat sich im feinen Kempinski-Hotel Gravenbruch in Neu-Isenburg eingebucht – und muss mit dem Bus gut sieben Kilometer zum Training kommen.
„Wir haben die Vorgaben gesetzt, dass die Mannschaft auf dem Campus Quartier nehmen sollen, wann immer es möglich ist“, sagt Oliver Bierhoff, der die DFB-Akademie und die Nationalmannschaften verantwortet. Doch diese Idee sei bei beiden A-Nationalmannschaften (Männer und Frauen) schwer zu verwirklichen. Denn die 33 Zimmer im Gebäude reichen nicht aus, um neben den Aktiven die Betreuerstäbe mit unterzubringen. „Deshalb sind Lehrgänge einfacher abzuwickeln, wenn die Mannschaften im Hotel wohnen und zum Training hierherkommen.“ Für den DFB vereinfacht sich dadurch die Logistik: Die Geräte fürs Fitnesstraining können in Frankfurt bleiben und müssen nicht immer durch halb oder ganz Deutschland gefahren werden. Zudem muss der Verband nicht immer Trainingsplätze in anderen Städten suchen – „was in den Wintermonaten nicht einfach ist“, so Bierhoff. Auf dem Campus gibt es für alle Fälle sogar eine Halle mit einem vollwertigen Rasenfeld.
Oliver Bierhoff hat den Bau in einem langen politischen Kampf durchgesetzt – die Vision hat sich dabei aber verändert. Der Campus an der Frankfurter Schwarzwaldstraße ist nun „Heimat des gesamten deutschen Fußballs“. Die Verwaltung ist von der Otto-Fleck-Schneide im Stadtwald weg- und auf die alte Rennbahn gezogen. Und bekommt was zu sehen.