München – In München erinnern sich noch viele, wie dieser kleine Junge mit den langen Armen die ersten Male durch die Halle gefallen ist. Anders kann man’s nicht sagen. Vom Fußball war er gekommen, vom SV Italia im Norden der Stadt, um sich diesen neuen Sport einmal anzusehen. Sein Vater war Torwart, einer seiner Brüder kickt beim TSV 1860 in der C-Jugend. Doch Declan Duru ist für Basketball geschaffen. Mit 15 Jahren misst er 2,03 Meter. So ist’s auf allen einschlägigen Seiten vermerkt, die die größten Talente Europas evaluieren. „Ich versuch’s mal“ hat er zu seinen Freunden gesagt, die ihn so vehement überredeten, mit dem Basketball anzufangen. Keine vier Jahre ist die Geschichte alt.
Im Sommer 2022 ist Declan Duru nach München zurück gekehrt. Die Stadt „ist für mich alles: Zuhause, Familie, Freunde“, sagt Declan Duru. Diese Momente mit Familien und Freunden sind selten geworden. Vor eineinhalb Jahren unterschrieb er bei Real Madrid einen Vertrag. Seitdem lebt er auf dem Campus in Madrid, einer WG für Top-Talente, die direkt neben den Fußballstars untergebracht sind. Toni Kroos und Carlo Ancelotti sieht er regelmäßig.
Den Weg über das Basketball-Drehkreuz Madrid wählen einige Nachwuchshoffnungen. Als Prominentester natürlich Luka Doncic (Dallas Mavericks), Sloweniens Superstar. Doch der dribbelt eh in einer anderen Liga. Überhaupt, die ganzen Vergleiche helfen niemandem. Druck haben die jungen Männer schon genug. Mit dem Prädikat „Super-Talent“ wird dieser Tage schnell um sich geworfen. Klar sagt auch Declan Duru: „Die NBA ist mein größter Traum, dafür werde ich arbeiten.“ Eine Garantie, dort oben anzukommen, gibt niemand.
Immerhin: Auf dem Radar der NBA-Scouts taucht Declan Durus Name längst auf. Mike Schmitz, einer der Nachwuchs-Gurus in den Staaten, packte ihn voriges Jahr in seine Liste an europäischen Talenten, die man sich ruhig merken solle für die Zukunft. Wohlgemerkt, als einzigen Basketballer des Jahrgangs 2007. Von „beträchtlichem Gemurmel“ in Europa schreibt der Experte, wenn’s um den Namen Declan Duru geht. Solch’ einzigartige Physis bleibt nicht lange verborgen. Schon mit elf Jahren beim TSV Milbertshofen überragte er die Teamkollegen um ein, zwei Köpfe. Nach seinem Wechsel zur Internationalen Basketballakademie (IBAM), dem Jugendapparat des MTSV Schwabing, holte ihn Dennis Schröder nach Braunschweig. „War ein wichtiger Schritt als Probe, bevor ich nach Spanien gehe. Irgendwann musst du eh von Zuhause weg“, sagt Declan Duru. Den Tag in München, als er vom Angebot aus Madrid erfuhr, wird er nicht mehr vergessen. Der Brasilianer Paulo Prestes, damals noch Trainer bei IBAM und vor über einem Jahrzehnt mal selbst NBA-Kandidat, berichtete von Offerten aus Madrid und Barcelona. „Ich hab’ ihn angeschaut und zehn Minuten nichts gesagt“, scherzt der Flügelspieler heute.
Seither fliegt Declan Duru durch die spanischen Hallen. Wenn er zum Dunking ansetzt, sieht das aus wie ein Jumbojet beim Start, so weit überragt er die meisten Gegenspieler. Normalerweise sieht man solche Flugeinlagen dort oben über Ringniveau nur bei den Profis. Die Videos, wie er durch die Lüfte segelt, finden sich überall im Internet. Seine Dunkings „geben dem Team viel Energie“, sagt Declan Duru. Mit der U16 von Real ist er spanischer Meister geworden. Mit dem deutschen U16-Team schaffte er souverän den Aufstieg in die europäische A-Gruppe. Beim olympischen Jugendfestival gewann das Team Bronze. Im Spiel um Platz drei führte Duru die Deutschen mit 18 Punkten als Top-Scorer an. Keiner war Jünger. Angesichts solcher Meriten in jungen Jahren fällt es schwer, nicht abzuheben. Der Münchner zügelt sich selbst: „Ich versuche, mir so wenig Druck zu machen, wie es geht. Du musst dich entspannen und dein Ding machen. Wenn du Sachen erzwingst, passiert nichts.“
Gerade zeigt seine Flugkurve steil nach oben. Ob sie anhält, darüber entscheiden seine technischen Fähigkeiten. Gerade seinen Wurf muss er aufpolieren, sagen die Experten. Declan Durus Lieblingsspieler ist Kevin Durant, einer der besten Schützen der Welt. Kein schlechtes Vorbild. ANDREAS MAYR