München – Fesch sahen sie aus die Profis des TSV 1860, als sie gegen 18 Uhr, angeführt von Michael Köllner, dem aktuell bestgelaunten Trainer Münchens, im Hackerzelt einliefen. Alle hatten ihre neue Wiesn-Tracht an, viele weibliche Begleitung an ihrer Seite. Doch was war das? Ausgerechnet der Teamkapitän outete sich noch vor dem ersten Schluck Radler als kleiner Oktoberfestmuffel! Anders als Torhüter Marco Hiller, der größte Wiesn-Fan im Team (Quelle: Lex), mag es der leidenschaftliche Eittinger eine Nummer kleiner. „Ich brauche keine 15 Zelte“, brummte Lex: „Deswegen ist mir das Erdinger Herbstfest fast lieber.“ Aber, so der Stürmer versöhnlich: „Wir gehen trotzdem gerne her.“ Zumal Tabellenplatz zwei ja wie gemacht dafür ist, sich ein bisschen feiern zu lassen.
Gefeiert wurde dann auch – mit Brotzeitplatten und Bier, Sponsoren, Vertretern beider Gesellschafterseiten (Vizepräsident Hans Sitzberger herzte Ismaik-Bruder Yahya) – und mit drei geladenen Gästen aus dem Rathaus, die gleich mal angemessen ausgestattet wurden. OB Dieter Reiter, Verena Dietl und Katrin Habenschaden bekamen feierlich grüne Wiesn-Trikots überreicht. Fröhlich lächelten die Stadtoberhäupter in die Kameras. Der OB erzählte beschwingt, dass im Hause Reiter die Farbe Blau dominiert („Ich bin in der Familie umzingelt von Löwen-Fans“), dass er sich nach echten Derbys sehnt („Ich wünsche mir, dass Sechzig heuer den Aufstieg packt“) – getrübt wurde die Stimmung des roten Reiter erst, als das leidige Stadionthema zur Sprache kam.
Die genervte Forderung des OB: 1860 muss endlich mal sagen, was jetzt Sache ist in puncto Grünwalder Stadion – vor allem mit Blickrichtung 2. Liga. Ausbau ja oder nein? Und wenn ja: mit Zustimmung für die Obergrenze von 18 105 Plätzen? „Ich warte immer noch auf eine klare Aussage des geschätzten TSV 1860“, sagte er, bekräftigte, dass ein Ausbau für mehr Zuschauer wegen des Bestandsschutzes unmöglich sei („Dafür kriegen wir 1000-prozentig keine Baugenehmigung“) – und dass mit dem ersten Spatenstich Klagen kämen, „weil es ist ja längst nicht mehr so, dass auf Giesings Höhen glühende 60-Fans zum Fenster rausschauen“.
Vehement warb Reiter für einen Umzug der Löwen ins Olympiastadion: „Bei uns würden sie da Drehtüren einrennen“, sagte er: „Ich war bei den European Championships draußen, stand auf der Tartanbahn und hab nachgedacht, wie viele tolle Fußballspiele ich dort sehen durfte. Im Grunde ist es ein Irrsinn, dass keiner in diesem Stadion spielt. Schließlich geben wir als Stadt dreistellige Millionenbeträge aus, um es zu erhalten.“ Er sei beim Thema Olympiastadion „zu jedem Gespräch bereit“ und würde es sogar zum „günstigsten“ Preis vermieten, der rechtlich vertretbar sei. Leider sei 1860 „genau in der Mitte gespalten“. Reiters Wunsch: „Sie sollten endlich mal strukturiert mit uns in Verhandlungen gehen. Nicht diese Woche so, dann hört man wieder fünf Monate nichts – und dann kommt der Nächste und sagt das Gegenteil.“
Ein Fall für Köllner, der bekanntlich mit allen kann. Noch während seiner ersten Mass versprach der Trainer, sich der Sache anzunehmen. „Kriegen wir schon hin“, versprach er augenzwinkernd: „Spätestens bei der zweiten Mass.“ Zumindest Köllner war in Hochstimmung, als er auf dem Balkon des Hackerzelts stand und grinsend sagte: „Heute bekommen wir vielleicht einen kleinen Vorgeschmack auf das, was wir vielleicht im Mai erleben werden.“ Dann wollen die Löwen auf Reiters Rathausbalkon den Aufstieg feiern.