Die sechs Pokale stehen im Vereinsmuseum in Reih und Glied, stets glänzend, stets beeindruckend. Hansi Flick hatte einige von ihnen im Jahr 2020 höchstpersönlich in die Allianz Arena gebracht. Gerade mal gute zwei Jahre ist das her, eigentlich unglaublich. Da stand der Mann, der jetzt Bundestrainer ist, stolz, glücklich und voller Tatendrang als Coach des FC Bayern. Das ist er!, dachte man damals. Derjenige, der bei diesem Club Ruhe auf den Trainerposten bringt, der endlich wieder eine Ära prägen kann. Es kam bekanntlich anders.
Selbst Hansi Flick ist bis heute nicht ganz klar, was in den Tagen und Monaten nach der freudigen Pokal-Flut und vor seinem Aus an der Säbener Straße passiert ist. „Ich frage mich schon manchmal: Warum ist es so weit gekommen?“, gab der 57-Jährige gestern in einem Interview mit der „FAZ“ zu – und führte auch aus. Zwar habe er sich inzwischen immerhin wieder mit Hasan Salihamidzic angenähert, ein klärendes Gespräch mit allen Beteiligten rund um diesen unrühmlichen Abgang habe es aber nie gegeben. Unterm Strich bleibt, dass er zwar „überragende Spieler und eine großartige Mannschaft“ gehabt und sich auch „nicht ausgelaugt“ gefühlt habe. Aber eben auch: dass es trotzdem nicht geklappt hat. Was freilich zu weiteren Fragen führt.
Auch wenn man beim FC Bayern aktuell eine Trainerdiskussion vehement und nachdrücklich von der Hand weist, schadet der Blick auf den Vorgänger in unruhigen Zeiten sicher nicht. Denn so unterschiedlich die beiden Herren Flick und Julian Nagelsmann in Coaching, Führung und Auftritt auch sind, eint sie doch Einiges. Beide galten bzw. gelten als Traum-Besetzung, beide hatten bzw. haben zudem ein Team an Superstars versammelt, das weniger Coaching, dafür umso mehr Moderation erfordert. Und beide haben eine starke Meinung, die sie nicht nur äußern, sondern auch gerne durchsetzen.
In der Rückschau wird auch bei Flick klarer, dass es ein schleichender Prozess gewesen ist, der zur Entfremdung geführt hat. Und wer genau hinschaut, merkt dieser Tage, dass nicht mehr alles, was Nagelsmann auf und neben dem Feld macht, nur noch Applaus findet. Das ist in in Ordnung, woher soll ein junger Trainer unfehlbar sein? Es wäre nur gut, wenn beide Seiten richtige Schlüsse ziehen. Nagelsmann aus dem einen oder anderen Auftritt der vergangenen Wochen, die Bosse aus Erfahrung. Flicks Worte sind da durchaus mahnend zu verstehen. Wenn Nagelsmann – das darf man ihm durchaus zutrauen – auch Pokale ins Museum bringen soll, sollte man stets offen zueinander und auf einer Linie sein.
Hanna.Raif@ovb.net