München – Sehr, sehr trist war es auch gestern an der Säbener Straße, daran, dass die Gemütslage beim FC Bayern zum Wetter passt, hat sich mit zunehmenden Abstand zum 0:1 in Augsburg nichts geändert. Julian Nagelsmann muss sich dieser Tage warm einpacken, wenn er seine Mini-Trainingsgruppe auf den Rasen oder in den Kraftraum bittet. Mit Krisen-Aufarbeitung haben die Einheiten unter dem Chefcoach freilich nichts zu tun, denn die Reihe der Profis ist stark gelichtet. Voll im Training sind lediglich Eric-Maxim Choupo-Moting, Johannes Schenk und Ersatztorhüter Sven Ulreich. Dazu kommen die verletzten Bouna Sarr und Lucas Hernandez sowie der joggende Kingsley Coman. Alle 18 weiteren Profis sind seit Montag auf Reisen. Manche weiter, manche näher. Manche länger, manche kürzer.
„Richtig angreifen“ wollen die Bayern laut Präsident Herbert Hainer ab kommender Woche, mit dem Gastspiel von Bayer Leverkusen am 30. September soll die Aufholjagd in der Liga gestartet werden. Da die letzten Nationalspieler aber tatsächlich erst am Mittwoch zurück in München erwartet werden, hat Nagelsmann für die Spielnachbereitung der Augsburg-Pleite und -vorbereitung auf Leverkusen lediglich zwei Einheiten zur Verfügung. Der bange Blick geht über den gesamten Kontinent, auf dem seine Spieler aktuell verteilt sind. Verletzen sollte sich niemand – und auch müde Köpfe oder müde Beine gelten nicht als Ausreden.
Man erinnert sich noch gut an die Zeiten, in denen beispielsweise Arturo Vidal nach Flügen aus Südamerika mit „explodiertem Knöchel“ (Karl-Heinz Rummenigge) zurückkehrte – und die Länderspiel-Abstellungen sowieso regelmäßig Thema großer Kontroversen beim FC Bayern waren. Auch diesmal sind die 18 Reisenden viel beschäftigt und im Stress, die gute Nachricht aber für Nagelsmann: Richtig lange Trips muss niemand auf sich nehmen. Die meisten Flugmeilen sammelt in der kommenden Woche Noussair Mazraoui, der mit der marokkanischen Nationalmannschaft in Barcelona und Sevilla gegen Chile und Paraguay spielt und dabei 3700 Flug-Kilometer zurücklegt. Nah an diesen Wert kommt lediglich Matthijs de Ligt, der mit der Niederlande zum Spiel gegen Polen nach Warschau und zurück zum Gruppenfinale der Nations League gegen Belgien in Amsterdam reist (3300 km).
Die deutsche Garde um Kapitän Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Serge Gnabry, Leon Goretzka, Leroy Sané, Thomas Müller und Jamal Musiala legt zwischen Frankfurt, Leipzig (Spiel am Freitag gegen Ungarn) und London (Montag gegen England) rund 2400 Kilometer zurück, ähnlich viele wie Dayot Upamecano und Benjamin Pavard mit Frankreich zwischen Paris und Kopenhagen (2500). Auch Ryan Gravenberch, der mit der niederländischen U 21 unterwegs ist, reist 2500 Kilometer, muss aber wie unter anderem de Ligt und auch Marcel Sabitzer dabei vier Mal ins Flugzeug steigen. Der Österreicher besucht Wien und Paris für Spiele gegen Frankreich und Kroatien (2900 km). Entspannter wird es für Sadio Mané, der im französischen Orléans gegen Bolivien und in Wien auf den Iran trifft (2200 km) – nur zu Freundschaftsspielen.
Für Mathys Tel mit der französischen U 19 und Josip Stanisic mit Kroatien (beide 1500 km) sowie Paul Wanner mit der deutschen U 18 (900 km) stehen kaum Kilometer an. Reise-Schlusslicht ist Alphonso Davies, der mit Kanada zwischen Wien und Bratislava lediglich 800 Kilometer zurücklegt. Der 21-Jährige muss allerdings noch am Dienstag ran – und dann schnell zurück nach München. Dort wollen dann alle gemeinsam daran arbeiten, dass es nicht noch ungemütlicher wird in diesem Herbst.