Schon wieder verloren – aber nur im Training

von Redaktion

Kimmich „ärgert“ die Bayern-Krise und freut sich auf die WM in Katar

Frankfurt – Am Dienstag ist es schon wieder passiert. Wie am Samstag. Joshua Kimmich hat mit seiner Mannschaft verloren. Aber diesmal kann er sich ein von Selbstironie kündendes Lächeln abringen: „Das war sinnbildlich. Wir haben die eine oder andere Chance und verlieren.“ Anders als mit dem FC Bayern in der Bundesliga in Augsburg geschah es diesmal aber nur im Trainingskick der Nationalmannschaft.

Bei der halten sich die im Zentrum deutschlandweiter Witzeleien stehenden Bayern-Akteure eine Woche lang auf. Dass sie zum DFB anreisen und nicht Dominator sind und aktuell ein Länger-sieglos-Team repräsentieren, ist ungewöhnlich. „Von Niki höre ich einiges, der kommt rausgekrochen“, sagt Joshua Kimmich. Niki ist Niklas Süle, der mit der Bayern-Misere nichts zu tun hat und als Dortmunder nun höher in der Tabelle steht. Kimmich: „Die Dortmunder gewinnen meistens.“ Kimmich haben die Münchner Unentschieden (drei) und die Niederlage „brutal geärgert, denn sie wären nicht nötig gewesen“.

Die Befindlichkeit der Bayern ist nun mal das Thema Nummer eins im deutschen Fußball, der von Kimmich angesprochene „neutrale Fan“ (so es ihn überhaupt gibt) freut sich über ein überraschendes Tabellenbild. Doch sind die Münchner wirklich in einer Krise, die sie so sehr anfasst, dass sie vom Weg zur nächsten Meisterschaft abkommen?

DFB-Direktor Oliver Bierhoff hat es schon öfter erlebt, dass Bayern-Stars angekratzt zur Nationalmannschaft kamen. Für manche Spieler, die in München Probleme hatten (Lukas Podolski, Miroslav Klose), war sie Wohlfühloase – und häufig gab es den Effekt, „dass sie aus dem Vereinsalltag raustauchen und neu einsteigen konnten. Eine aktuelle und akute Notlage erkennt Bierhoff bei den heutigen Bayern-Spielern jedoch nicht: „Ich sehe sie nicht mit hängenden Köpfen, alle wirken vertrauensvoll und guter Dinge. Dass diskutiert wird, das wissen sie.“ Doch wenn man wahrnehme, „welche Chancen sie sich erarbeiten, kann man nicht den Eindruck haben, dass die Mannschaft auseinanderfällt und keine Chance hat“.

Bedrohlich mutet das anstehende Programm der Bayern trotzdem an, und gerade den Führungsspielern wird einiges abverlangt. Jetzt erst einmal die beiden Nations-League-Spiele (am Freitag gegen Ungarn, am nächsten Montag in England), die die Nationalmannschaft zur Weltmeisterschaft tragen sollen, danach geht es für die Bayern weiter. Die englischen Wochen werden zum Dauerzustand – und die politischen Umstände eines Turniers in Katar zum beherrschenden Thema neben dem Platz und fordernd für alle Beteiligten. Oliver Bierhoff hatte am Montag die Sorge geäußert, den Spielern könnte die Lust vergehen, die es braucht, um die höchsten Ziele angehen zu können.

Joshua Kimmich nahm am Menschenrechts-Kongress des DFB teil, hörte die Erzählungen von Jonathan Hilbert. Der deutsche Geher, jüngst EM-Fünfter in München geworden, erzählte von der Leichtathletik-WM 2019 in Katar – vom extremen Klima und „wie schwierig es für ihn war, in Interviews seine Meinung zu äußern, weil es Tabuthemen gibt“. Auch Kimmich macht sich seine Gedanken, sagt aber klar: „Für einen Boykott ist es zwölf Jahre zu spät, und Lust hat man auf eine WM immer.“ Er würde sich freuen, wenn Familie und Freunde ihn begleiteten, „für sie wäre es ein Riesending – aber es ist schwer, als Privatperson ein Hotelzimmer zu bekommen.“

Probleme über Probleme – aber keine, die sich nicht lösen ließen. Eines nach dem anderen: Joshua Kimmich möchte erst mal das nächste Trainingsspiel gewinnen. GÜNTER KLEIN

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