Die westlichen (Freiheits-) Werte eins zu eins auf die restliche Welt übertragen zu wollen, birgt Gefahren und ist oft ein wenig selbstverblendet. Doch beim Blick auf die Rechte der Frau im Iran kann es nur eine Meinung geben, ganz gleich, welchen religiösen oder kulturellen Hintergrund man hat. Die Frauen werden dort systematisch unterdrückt.
Mahsa Amini, ein 22-jähriges kurdisches Mädchen, starb in Polizeigewalt, weil sie ihr Kopftuch nicht islamisch genug trug. Die Behörden sprechen von einem Herzinfarkt, eine Version, die niemand glaubt. Stattdessen soll sie mit dem Kopf mehrmals gegen die Fensterscheiben eines Autos geschlagen worden sein. Wie brutal die Sittenpolizei mit Menschen umgeht, zeigen aktuell die Videos der Demonstranten, die auf die Straße gehen.
Nach Aminis Tod schwappt eine Protestwelle durch das Land. Auf allen Ebenen. Auch im Sport. Der Leverkusener Fußballer Sardar Azmoun war einer der Ersten, der, noch im Kreis seiner Nationalmannschaft, in Deutschland aufbegehrte. Auch die beiden ehemaligen Bayern-Spieler Ali Daei und Ali Karimi rebellieren. Für die Protestbewegung ist das wichtig, denn in den sozialen Medien erreichen sie zusammen knapp 20 Millionen Follower. Und, auch wenn das Regime Instagram und Whatsapp vor einer Woche gesperrt hat – Twitter, Telegram und Facebook waren es sowieso schon –, bleibt das Internet eine der wichtigsten Info- und Austauschquelle.
Für Azmoun & Co. ist es gefährlich. Karimi – aufgrund seiner Karriere ein Volksheld – wurde das Haus beschlagnahmt, einige fordern seine Verhaftung. Dennoch erhebt er mutig weiter seine Stimme. Es braucht tapfere Menschen wie ihn, um Dinge zu verändern. Und es braucht den demokratischen Teil der Welt, der diesen Prozess begleitet und die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen einfordert.
Im August durften Frauen erstmals ein Fußball-Ligaspiel besuchen. Auf Probe versteht sich. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, aber eben (leider noch) nicht mehr.
Das gilt auch für das WM-Land Katar. Es mögen sich Dinge verbessert haben, doch solange die LGBTIQ+-Gemeinschaft aufgrund ihrer Lebensweise weiter Gefängnis bis hin zur Todesstrafe fürchten muss, gilt: Kritiker sollen nicht müde werden. Auch nicht im Sport.
mathias.mueller@ovb.net