Winterspiele in der Wüste

Man kann nur den Kopf schütteln

von Redaktion

MATHIAS MÜLLER

In der Wüste finden 2029 Winterspiele statt. Glauben Sie mir nicht? Ist aber so. Saudi-Arabien hat den Zuschlag für die Ausrichtung bekommen. Berge gibt es in der Austragungsregion Trojena sogar, die Gipfel ragen bis zu 2600 Meter in Richtung Himmel, Schnee eher nicht. Doch was mit Kunstschnee möglich ist, hat im Februar ja bereits China in Peking bewiesen.

Die Idee lässt einen kopfschüttelnd zurück, zumal die Verwirklichung eng an die Entstehung der futuristischen Millionenmetropole Neom geknüpft ist. Kronprinz Mohammed bin Salman will eine Planstadt errichten – 170 Kilometer lang, aber nur 200 Meter breit –, die sich wie eine Schneise durch die Wüste zieht. Trojena liegt davon nur rund 50 Kilometer entfernt.

Die Details zu dem rund 420 Milliarden Euro (!) teuren Projekt lesen sich wie pure Sciencefiction. Und ob es jemals umgesetzt werden kann, wird von Experten bezweifelt, aber alleine der Entschluss des Asiatischen Olympiakomitees (OCA) zeigt, wie in der Welt der Ringe nach wie vor gedacht wird. Denn eine Abkehr vom Gigantismus sieht sicher anders aus.

Präsident des OCA, das immerhin 45 von insgesamt 206 Nationalen Komitees fasst, war lange Ahmad Fahd al-Ahmad as-Sabah. Der kuwaitische Sportfunktionär gilt als Strippenzieher bei der Wahl Thomas Bachs zum IOC-Boss, war in den vergangenen Jahren aber so oft mit Betrugs- und Korruptionsvorwürfen konfrontiert, dass er 2021 von einem Genfer Gericht tatsächlich zu einer Haft verurteilt wurde und daraufhin von sich aus seine Ämter ruhen ließ.

Für die Olympische Bewegung, die sich nach den Winter-Retorten-Veranstaltungen in Sotschi (2014), Pyeongchang (2018) und Peking (2022) mit Mailand (2026) auf dem richtigen Winterweg wähnte und mit Paris (2024) und Los Angeles (2028) zwei Premium-Sommer-Orte präsentieren konnte, sind die Asienschlagzeilen ein herber Rückschlag.

Für den Herrscher Mohammed bin Salman, den mutmaßlichen Drahtzieher hinter der Ermordung des kritischen Journalisten Jamal Khashoggi, sind sie ein weiterer wichtiger Schritt zur Imagepflege, für die in den vergangenen und zukünftigen Jahren vermehrt Sportveranstaltungen (Boxkämpfe, Formel-1-Rennen und Weltmeisterschaften) herhalten sollen.

mathias.mueller@ovb.net

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