München – Seit Jahren ist er für MagentaSport in der 3. Liga als Experte am Mikrofon, kennt die Spielklasse der Löwen wie kein Zweiter. Im Interview zieht Ex-1860-Trainer Rudi Bommer (65) eine erste Zwischenbilanz nach zehn Spieltagen, verrät, was Sechzig in dieser Saison so stark macht – und worauf es für den Aufstieg der Löwen ankommen wird.
Herr Bommer, vor der Saison haben Sie Sechzig als kommenden Drittliga-Meister vorausgesagt. Dennoch: Hätten Sie gedacht, dass die Löwen vom Start weg so stark sind?
Um ehrlich zu sein: ja. Sie haben sich unheimlich gut verstärkt, Sechzig hat in der Breite den besten Kader der Liga. Und sie hatten das große Glück, dass alle Neuzugänge auf Anhieb perfekt ins Mannschaftsgefüge gepasst haben. Wenn du das hinbekommst, ist die logische Konsequenz, dass du nach zehn Spieltagen schon Tabellenführer bist.
Können Sie das Erfolgsrezept der Löwen genauer beschreiben?
Die Verstärkungen – wie zum Beispiel Jesper Verlaat in der Abwehr – bringen genau das, was Sechzig gebraucht hat: Stabilität. Das mag sich abgedroschen anhören, aber Meisterschaften werden in der Defensive gewonnen. Da kann jeder moderne Trainer sagen, was er will, aber nur wenn du hinten stabil stehst, kannst du Meister werden. Und sie haben vor allem eines, was ihnen die letzten Jahre immer gefehlt hat: Ruhe im Verein.
Die war nicht immer da, das haben sie ja selbst am eigenen Leibe erfahren. Woher kommt die Ruhe also auf einmal?
Bei Sechzig kamen die Störfeuer meistens von Leuten, die nicht allzu viel Ahnung von Fußball haben, aber trotzdem der Meinung waren, sie müssten ganz oben mitreden. Ich glaube, der ganze Verein hat jetzt aber gemerkt: Man kann auf diese Art einfach mehr erreichen, als wenn der sportlichen Leitung von allen Seiten andauernd reingeredet wird. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch ruhiger im Verein, wenn du Erfolg hast. Das bedingt sich gegenseitig.
Welche Schulnote würden Sie der Mannschaft nach zehn Spieltagen geben?
Man kommt nicht drum herum, alle mit „1“ zu bewerten. Wenn ich das Torverhältnis sehe, 23:12, dann muss ich sagen: Alle Abteilungen, von hinten bis vorne, haben überragende Arbeit gemacht. Sechzig bringt es fertig, dass die gesamte Mannschaft Tore verhindert und die gesamte Mannschaft Tore erzielt. Selbst ohne einen Topstürmer wie Marcel Bär schießt Sechzig Tor um Tor. Wenn Bär irgendwann zurückkommt, wird 1860 im Sturm ja noch gefährlicher. Und dann ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass sich mit Bär der Torschützenkönig der letzten Saison erst einmal hinten anstellen muss. Denn die Kollegen machen das hervorragend.
Birgt das die Gefahr von Unruhe innerhalb der Mannschaft?
Ich denke, dass Marcel Bär Profi genug ist, um zu wissen, wann er sich hinten anstellen muss und wann er wieder angreifen kann. Auch er weiß, dass Konkurrenz nun mal das Geschäft belebt – das ist das eine. Und zum anderen steht bei Sechzig Michael Köllner an der Seitenlinie, ein großes Glück für diesen Verein. Köllner strahlt eine enorme Ruhe aus. Er weiß, wie er solch eine Situation moderieren müsste. Und er weiß, wie seine Mannschaft tickt und wie er sie anpacken muss, damit der Fokus nicht verloren geht. Das wäre für die Löwen die größte Gefahr.
Welche Teams können Sechzig von außen noch gefährlich werden?
Vor allem – und das haben sie ja schon schmerzlich erfahren müssen – ist da die SV Elversberg. Ich war selbst oft mit meinen Mannschaften in Elversberg zu Gast. Das ist einfach eklig. Und ansonsten sind da die üblichen Verdächtigen wie Mannheim, Saarbrücken, Dresden und Ingolstadt. Die liegen auf der Lauer. Deswegen muss Sechzig alles daransetzen, weiter mit kühlem Kopf in die Spiele zu gehen und nicht abzuheben.
Sie sprechen Ingolstadt an, den nächsten Gegner der Löwen. Danach folgen Osnabrück und Wehen-Wiesbaden. Was braucht es, damit Sechzig aus diesem heißen Oktober mit neun Punkten hervorgeht?
Auch in solchen Spitzenspielen, gilt das, was ich zuvor schon mit Blick auf die gesamte Restsaison beschrieben habe: Es kommt auf den Kopf an. Dazu kommt, dass diese Spiele sogar noch etwas einfacher sind, weil offener gespielt wird. Du hast viel mehr Freiheiten als gegen tief stehende Gegner. Das werden geile Wochen.
Anders sah das beim Totopokal-Aus in Illertissen (0:1) aus.
Das würde ich aber nicht allzu hoch hängen. Diese Gefahr ist im Pokal immer gegeben, auch gegen unterklassige Gegner. In solchen Spielen hast du einen immensen Druck und bist in der Pflicht zu gewinnen, während der Gegner nichts zu verlieren hat. Da kann solch ein Ausrutscher immer passieren. Auch wenn es im ersten Moment bitter ist für Sechzig: Das Gute ist, dass sich Trainer und Mannschaft vollkommen auf die Meisterschaft konzentrieren können.
Die sie, Ihrer Aussage nach, ja gewinnen wird. Bleiben Sie dabei?
Ich glaube fest daran. In jedem Falle wird Sechzig aber aufsteigen – zu hundert Prozent. Dieses Jahr sind sie dran.
Interview: Jacob Alschner