Eine Lehrstunde für die Bayern

von Redaktion

62:74 – Basketballer gegen Istanbul chancenlos

VON PATRICK REICHELT

München – Andrea Trinchieri raufte sich die Haare, Andrea Trinchieri wütete, Und der Choach der Basketballer des FC Bayern schrie. Doch was er da auch versuchte – er konnte dem bösen Spiel bei diesem Euroleague-Auftakt keine Wendung geben. Am Ende stand ein 62:74 (34:40) gegen Fenerbahce Istanbul. Auf ein Spektakel in einem rappelvollen Audi-Dome hatten die Münchner gehofft, auf ein Basketball-Fest, das Rückenwind geben könnte für eine Saison, in der man in allen Wettbewerben erfolgreich sein möchte. Stattdessen gab es eine ernüchternde Botschaft: Der Weg zur internationalen Klasse wird noch ein weiter sein.

Trinchieri dürfte schon vor dem Anwurf das ein oder andere graue Haar reicher geworden sein. Augustine Rubit und Neuzugang Freddie Gillespie waren wegen eines Unfalls im Stadtverkehr hängen geblieben. Rubit huschte zehn Minuten vor dem Start in die Halle. „Bei Euroleague-Neulingen“, meinte der Bayern-Coach mit Blick auf den Routinier süffisant, „da kann alles passieren.“

Die Sache dürfte Trinchieri doppelt gewurmt haben. Weil er ahnte, dass die massiv hochgerüsteten Türken zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison noch verwundbar sein könnten. Nun, wenn sie das waren, dann taten sich die Bayern reichlich schwer, diese Verwundbarkeit aufzudecken. Andrea Trinchieri hatte nicht zuletzt seine beiden Neuen gleich zum Start aufs Feld beordert. Regisseur Cassius Winston und Center Freddie Gillespie sollten sich nach verheißungsvollem Start in der Bundesliga nun auch auf internationalem Parkett beweisen.

Klappte nicht, die Bayern taten sich überhaupt schwer, es holperte im Zusammenspiel. Auch die Abwehr – in den letzten Spielzeiten früh die Münchner Lebensversicherung – blieb löchrig. Fenerbahce, vor allem mit dem kantigen Nigerianer Tonye Jekiri (15) musste gar nicht allzu viel auspacken um die Partie in den Griff zu bekommen. Im Eiltempo hieß es 6:17 – der stimmgewaltige türkische Anhang nahm es entrückt zur Kenntnis.

Nur wenn Trinchieri auf seine alte Garde baute, wurde es meist besser. Klar, der Münchner Kern der Vorsaison ist eingespielter und vertrauter mit dem Basketball, der den FC Bayern immerhin zweimal ins Viertelfinale der Königsklasse führte. Vor allem Euroleague-Schlachtross Othello Hunter zeigte deutlich, warum die Münchner gerade ihn als Anführer an Bord behalten wollten. Der US-Center war überall. Griff hinten Rebounds ab. Versenkte vorne, was zu versenken war (18 Punkte). Sogar seine zwei Dreierversuche saßen. Auch Nick Weiler-Babb und Dreierspezialist.

Aber das war unter dem Strich zu wenig gegen ein Team, das sogar personell noch gar nicht alles ausgepackt hat, was es zur Verfügung hat. NBA-Champion Nemanja Bjelica spielte, weil angeschlagen, gar nicht erst mit. Scottie Wilbekin, den der Bayern-Anhang aus seinen Eurocup-Galas mit Darüssafaka Istanbul noch in Horror-Erinnerung haben, trat wegen einer Blessur im Laufe des Spiels kürzer.

Machte aber auch nichts. Weil die Bayern an diesem Abend nicht die Mittel hatten, ernsthaft gegenzuhalten. Am Ende stand eine deutliche Niederlage und ein grübelnde Trainer. Viel Zeit zur Besserung hat er freilich nicht – kommenden Donnerstag geht es in Bologna auf der europäischen Bühne weiter.

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