Schalke, da war doch was. Als Xabi Alonso im August 2014 per Last-Minute-Transfer zum FC Bayern wechselte, spielte Gelsenkirchen eine große Rolle. Am Donnerstag war die Personalie in trockenen Tüchern, am Freitag wurde Alonso bei Real verabschiedet, am Samstag lernte er sein neues Team wenige Stunden vor dem Gastspiel in der Veltins-Arena kennen. Das Anschwitzen machte er mit, dann ging es auf den Rasen. Ohne Training, mit etlichen Flugstunden in den Beinen. Aber Pep Guardiola vertraute ihm: „Er ist eine große Persönlichkeit.“
Der damalige Bayern-Trainer wurde nicht enttäuscht. Alonso spielte beim 1:1 auf Schalke, als sei er schon immer dabei. Und er prägte das Bayern-Spiel auch in den drei Jahren (inklusive drei Meisterschaften), die er in München blieb. Natürlich entschied sich der Welt- und Europameister vielleicht für den einen oder anderen Querpass mehr als seine Kollegen, natürlich war er nicht der Schnellste. Aber er hatte Qualitäten, die über all das hinwegsehen ließen. Sein einstiger Hintermann Jerome Boateng bezeichnete ihn gestern als „echten Gewinnertypen und absoluten Strategen“. Alonso liebt das Spiel, liebt seinen Job – und Leidenschaft ist doch genau das, was Leverkusen und seine aus der Bahn geratene, aber eigentlich so begabte Truppe jetzt dringend braucht.
Die Liga hat einen Star mehr, die Sache wird interessant. Aber das vermeintliche Risiko, das Bayer mit der Verpflichtung des Erstliga-Trainer-Novizen eingeht, ist überschaubar. Auch wenn der entlassene Gerardo Seoane in der Rückrunde bewiesen hat, zu welchen (Höchst-)Leistungen er diese Mannschaft treiben kann: Die Trennung war nach den jüngsten Auftritten – vor allem jenem am Freitag in München – höchstens aufzuschieben. Den Schlussstrich jetzt gezogen zu haben, ist konsequent. Und als Einstellungskriterium für den Nachfolger nicht die Anzahl an Trainerstationen, sondern das Gesamtpaket bewertet zu haben, ein Statement.
Schon als Profi galt Alonso als Co-Trainer von Guardiola, er versteht das Spiel wie nicht viele andere. Dazu bringt er neben Titelglanz als Weltmeister, zweimaliger Europameister und Champions-League-Sieger Argumente im zwischenmenschlichen Bereich. Selten einen so freundlichen, bodenständigen und reflektierten Star erlebt! Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass Gelsenkirchen für Alonso wieder der Anfang von etwas Großem ist.
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