München – Als das böse Spiel endlich ein Ende gefunden hatte, war auch EM-Held Andreas Obst in der harten Realität angekommen. „Ich glaube, wir waren heute keine Sekunde bereit, das Spiel auf diesem Level zu spielen“, murrte der Nationalspieler. 62:74 hatte er mit seinen Bayern-Basketballern nach einem bemerkenswert schwachen Auftritt den Euroleague-Auftakt gegen Fenerbahce Istanbul verloren.
Sicher, die Münchner hatten schon mit Anlaufschwierigkeiten gerechnet. Doch das Ausmaß der Unterlegenheit saß tief. Auch bei Trainer Andrea Trinchieri. „Ich habe so etwas erwartet, aber nicht derart schlecht. Wir hatten einen sehr schlechten Tag, von der Konzentration her, von der physischen Härte und dann auch rein vom Basketball her“, sagte er, „ich will jetzt sehen, ob diese harte Lehrstunde etwas auf dem Feld ändert.“
Vor allem die beiden US-Verpflichtungen Cassius Winston und Freddie Gillespie bekamen schmerzlich demonstriert, dass die Anpassung im ungleich physischeren, noch intensiveren und schnelleren Euroleague-Basketball ein weit komplizierteres Unterfangen ist als in der Bundesliga.
Klar, das wird kommen. Leicht vorstellbar, dass das Bayern-Spiel in einigen Wochen ein anderes ist. Umso mehr, als in Elias Harris und vor allem NBA-Rückkehrer Isaac Bonga auch noch zwei weitere Kräfte nach ihren Blessuren ins Geschehen eingreifen werden, die das Zeug haben, sich auf höchstem Euroleague-Level zu behaupten. „Wir brauchen noch Zeit, um als Team zusammenzuwachsen“, befand Nick Weiler-Babb, „daran werden wir ab morgen weiter arbeiten“.
Die Frage ist: Wie viel Zeit darf das brauchen? Denn: Die nächsten Aufgaben in Europa werden nicht unbedingt leichter. Kommenden Donnerstag muss man beim namhaft bestückten Neuling Bologna ran, in der Woche darauf kommen die vorjährigen Final-4-Teams aus Barcelona und Mailand in den Audi Dome. Da könnte es ganz schnell zu einem ähnlichen Fehlstart kommen wie in der Vorsaison, als man die ersten vier Partien allesamt verlor.
Was Trinchieri aber wohl sogar in Kauf nähme – Hauptsache die Herangehensweise seiner Profis ändert sich. „Ich glaube, dass wir es besser machen können“, sagte er – und fordert eine sichtbare Reaktion: „Action spricht mehr als Worte.“ PATRICK REICHELT