Bayern im Katar-Dilemma

von Redaktion

JHV: Club-Bosse souverän beim Sponsoring-Streitthema – nur Uli Hoeneß schimpft

München – Dieses Mal gab es keine wütenden „Hainer-raus“-Rufe, sondern nur böse Worte von Uli Hoeneß. Das Streitthema Katar eskalierte nicht wieder in Tumulten und wüsten Pöbeleien. Und zum Glück erwies sich auch eine „vage Bombendrohung“ am Ende der fast fünfstündigen Jahreshauptversammlung des FC Bayern München als folgenloser Schreckmoment. Und so konnte Herbert Hainer äußerlich gelassen mit dem Denkzettel umgehen, dem ihm die nur knapp 1400 anwesenden Mitglieder mit nur 83,3 Prozent Ja-Stimmen bei seiner Wiederwahl verpassten. 2019 war der 68 Jahre alte frühere Adidas-Chef noch mit 98,1 Prozent Zustimmung zum Nachfolger von Hoeneß (70) gekürt worden.

„Insgesamt ist die Versammlung sehr gut gelaufen mit vielen konstruktiven Wortbeiträgen. Ich bin zufrieden“, sagte Hainer zu später Stunde. Sein mäßiges Ergebnis führte der Präsident auch auf die Kontroverse um das von Teilen der Fans abgelehnte und aktiv bekämpfte Katar-Sponsoring des Rekordmeisters zurück. Im Ton vergriff sich im Audi Dome alleine Ehrenpräsident Hoeneß, der den prominenten Katar-Kritiker Michael Ott verbal attackierte. „Ihr Auftritt war peinlich. Das ist der Fußballclub Bayern München und nicht die Generalversammlung von Amnesty International“, zischte Hoeneß. Ott war „überrascht“, dass ihm Hoeneß „ein paar böse Worte“ an Kopf warf. Er selbst reagierte souverän. Hoeneß sei „sicherlich an keinem sachlichen Dialog interessiert, das hat man gemerkt“.

Das Vereinsmitglied hatte in seinem Redebeitrag Vereinspräsident Hainer direkt gefragt, ob er den am Saisonende auslaufenden Sponsoring-Vertrag mit der Fluglinie Qatar Airways verlängern würde. „Die Frage kann ich heute nicht mit Ja oder Nein beantworten“, entgegnete Hainer. Es werde erst nach der Weltmeisterschaft Ende des Jahres in Katar verhandelt. Das Thema gärt im Verein weiter – und die Positionen bleiben kontrovers. Oliver Kahn sprach von „Fortschritten bei Arbeitsrechten und Menschenrechten“ in dem Emirat: „Niemand hat gesagt, dass Katar ein Land ist, in dem europäische Standards erfüllt werden. Aber wer etwas ändern und anstoßen will, muss Menschen begegnen, mit ihnen reden und sich austauschen, statt sie auszugrenzen.“

Nach der WM werde man „für den FC Bayern eine Lösung finden“, kündigte der Vorstandschef an. Ober-Kritiker Ott hörte „die Tendenz raus, dass es zu einer Verlängerung geht“. Klar positioniert hat sich Hoeneß: Pro Katar-Partnerschaft.

Die Versammlung offenbarte das Sponsoring-Dilemma, in dem der Bundesliga-Krösus steckt. 665,7 Millionen Euro Umsatz und 12,7 Millionen Gewinn stehen in Corona-Zeiten für große Finanzkraft. Genüsslich verwiesen Kahn und auch der im kommenden Jahr ausscheidende und mit Ovationen gefeierte Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen „gewaltige Verluste von 100 Millionen bis 250 Millionen Euro“ bei anderen Topclubs, namentlich Juventus Turin oder Manchester United. Auch Bayerns Kader ist sehr teuer. Auf 325 Millionen Euro summierten sich die Personalkosten in der zehnten Meistersaison am Stück. Gleichzeitig sind Sponsoring und Vermarktung mit 225 Millionen Euro der größte Einnahmeposten. Da fällt den Bossen ein Verzicht auf einen zweistelligen Millionenbetrag aus Katar schwer.  dpa

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