Als die Jahreshauptversammlung des FC Bayern im Vorjahr aus dem Ruder lief, verglich man die Szenerie hinter den Kulissen mit dem Sturm aufs Kapitol. Der damalige Tenor: Man hätte diese Zäsur in der Vereinsgeschichte ohnehin nicht verhindern können. Ein knappes Jahr später ist klar: Es wäre möglich gewesen, hätten die Verantwortlichen das Anliegen der Fans zum Katar-Sponsoring damals schon ernst genommen. In diesem Jahr war der Verein umfangreich auf das Thema vorbereitet. Allen voran Präsident Herbert Hainer, der im Vorfeld der Mitgliederversammlung quer durch alle sieben bayerischen Regierungsbezirke tingelte, um sich ein Bild an der Basis zu machen.
Das Szenario, das Hainer bei seinen Fanclub-Besuchen zeichnete, dürfte dem bei der Jahreshauptversammlung recht ähnlich gewesen sein. Die Anhängerschaft ist mittlerweile zwiegespalten, das war im Audi Dome spürbar. Die einen werden nicht müde, lauthals Dauerkritik an der Partnerschaft mit Qatar Airways wegen der Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen im Golfstaat zu äußern. Die anderen können es – salopp ausgedrückt – nicht mehr hören. Daran haben auch diejenigen einen Anteil, die zum Gesicht der Katar-Kritik geworden sind. Allen voran Michael Ott. Bei seinem diesjährigen Auftritt am Rednerpult erntete er sowohl Applaus als auch Pfiffe. Inhaltlich stimmen ihm viele Anhänger zu. Seine Auftritte, auch am Samstag, wirken aber zu oberlehrerhaft. Anders formuliert: Es geht ihm um die Sache, aber auch um sich selbst. Das spüren auch die Fans.
Es wäre wünschenswert, wenn sich der FC Bayern in den nächsten Monaten ähnlich transparent und dialogbereit zeigen wie im Vorfeld der Jahreshauptversammlung. Nach der Weltmeisterschaft wird nämlich entschieden, ob die Partnerschaft mit dem Emirat über den Sommer 2023 hinaus verlängert wird oder eben nicht. Das Thema wird den FCB in dieser Zeit vermutlich intensiver begleiten als je zuvor. Oliver Kahn sagte: „Wer etwas anstoßen will, muss mit Leuten reden, sich austauschen, statt auszugrenzen – zuhören, verstehen und erklären.“ Das hat diesmal auch der Club beherzigt.
manuel-bonke@ovb.net