Osnabrück – Auch für diesen letzten wichtigen Laufweg fand sich ein aufopferungsbereiter Spieler – wie zuvor auf den Platz, als jeder 1860-Profi für den anderen gelaufen sei, wie Yannick Deichmann anmerkte. Bankdrücker Niklas Lang eilte nach dem Schlusspfiff in Osnabrück zum Mannschaftsbus, kehrte mit einer Kiste Bier zurück – der Auftakt zu einer Kabinenparty, die sich auf der Autobahn fortgesetzt haben dürfte. „Neun Stunden im Bus sind so viel geiler“, sagte Deichmann. Jesper Verlaat meinte: „Wenn du verlierst, sind das immer so Kackfahrten, aber heute reisen wir glücklich mit drei Punkten nach Hause.“ Mit einem wichtigen 2:0-Auswärtssieg im Gepäck.
„Wir sagen Dankeschön“, sangen Marco Hiller & Co, einen Hit der Flippers, als sie in die Kabine stapften, wo bereits andere Schlager aus der Bluetooth-Box schepperten. Die Löwen hatten allerbeste Laune, weil sie als Sieger aus einem Spiel hervorgegangen waren, in dem der Gegner ein deutliches Plus an Chancen und Spielanteilen hatte, das Team von Michael Köllner aber mit Leidenschaft, Effektivität und Dusel die geforderte Trendwende erzwang. Tobias Schweinsteiger, der Trainer des unterlegenen VfL, drückte es so aus: „Da Fußball Ergebnissport ist, raubt mir das die Argumente. Sechzig hatte heute viel Glück – und einen sehr guten Torwart.“
15:2 Ecken standen am Ende auf der Anzeigetafel, doch die erste Ecke des Spiels hatten die Gäste – sie führte vom Fuß des Rückkehrers Phillipp Steinhart über den Kopf von Verlaat zu Osnabrücks 0:1-Rückstand (7.), der auf irrwitzige Weise Bestand hatte, bis Meris Skenderovic acht Minuten vor Schluss einen Konter über Chris Lannert zum 0:2-Endstand einschoss. Die 75 Minuten dazwischen waren geprägt von einem kopflosen Anrennen des VfL – und von Löwen, die erfolgreich ihre Sekundärtugenden in die Waagschale warfen.
„Das Motto für diese Woche war: aggressiv und emotional spielen“, verriet der als Rechtsaußen im 4-3-3-System eingesetzte Skenderovic und befand: „Die Grundprinzipien haben wir auf den Platz gebracht. Wir wollten voll reingehen in die Zweikämpfe.“ Deichmann nahm die neue alte Erkenntnis mit nach Hause: „In der 3. Liga musst du dir immer den A . . . aufreißen.“ Oder wie Verlaat es ausdrückte: „Ein bisschen haben wir es heute mit der Körpersprache erzwungen.“
Verlaat war es auch, der bei aller Freude über neun feucht-fröhliche Stunden im Bus ansprach, was zuvor auf dem Platz semigut gelaufen war. „Wir machen das 1:0, haben danach aber komplett den Faden verloren. Auch schon vor der Halbzeit haben wir hinten nur geschwommen“, kritisierte der Abwehrchef: „Das ist natürlich nicht die Marschroute, die wir gehen wollen. Nach dem 1:0 haben wir aufgehört, Fußball zu spielen.“ Und trotzdem: „Es fühlt sich immer wieder gut an, zu Null zu spielen.“
Bestimmt auch für Michael Köllner, der ebenfalls alles gegeben hatte – in seiner Coachingzone. „Michael hat keine Stimme mehr“, sagte Sportchef Günther Gorenzel, der den heiseren Trainer auf der Pressekonferenz vertrat. Gorenzels Fazit: Der Fokus habe diesmal „von Beginn an“ gestimmt, der Auftritt gezeigt, dass das Team „zu 100 Prozent“ funktioniere. Selbst Startelf-Debütant Marius Wörl, 18, von Köllner überraschend im Dreier-Mittelfeld aufgeboten, erfüllte seine Aufgabe, ging wie seine Nebenmänner keinem Zweikampf aus dem Weg. Gorenzel: „Über das kämpferische Element und die Kompaktheit haben wir das Spiel auf unsere Seite gezogen.“ Und eine Antwort auf das Thema Herbstkrise gegeben.
Vor dem Heimspiel gegen Wiesbaden (Samstag, 14 Uhr) kann sich Köllners Team nun in Ruhe fußballerischen Themen zuwenden. Bestimmt ist es kein Zufall, dass gestern ein altbekanntes Gesicht im Training mitmischte (Quelle: dieblaue24): Ex-Löwe Thomas Pledl, 28, bis zum Sommer für Düsseldorf aktiv, seither vereinslos. 170 Zweitligaspiele, elf Tore, 24 Assists. Spezialgebiet: Spielgestaltung. Nicht nur Skenderovic hatte nämlich festgestellt: „Leider waren wir mit dem Ball nicht so überragend. Da ist noch sehr viel Luft nach oben.“