„Sogar den Kraftraum habe ich vermisst!“

von Redaktion

Cheyenne Loch kehrt in den Snowboard-Weltcup zurück – genesen und mit neuer Motivation

München – Spektakuläres Comeback im Weltcup-Team von Snowboard Germany: Cheyenne Loch, 28, beendet ihren im Frühjahr 2021 angetretenen Vorruhestand als Profisportlerin und will sich ab sofort wieder das volle Programm geben: Reisen, Rennen, Adrenalin, möglichst gefolgt von einer WM-Teilnahme 2023. Was die Raceboarderin aus Schliersee dazu bewogen hat, verrät sie in unserem Exklusivinterview.

Cheyenne, ist Ihnen langweilig geworden ohne den Kick auf der Piste oder wie kam es zum Entschluss, Ihre Snowboardkarriere fortzusetzen?

Der Hauptgrund ist, dass ich mich endlich wieder richtig gesund fühle. Damals war ich so viel verletzt, hatte ständig Schmerzen, war nicht nur physisch, sondern auch psychisch an einem Punkt, an dem ich nicht mehr konnte. Jetzt, nach einer OP, funktioniert mein Fuß wieder richtig gut – und auch meinem Kopf hat die Pause gut getan. Es ist viel passiert in diesen eineinhalb Jahren.

Was genau außer einer erfolgreichen Operation am Sprunggelenk?

Was ich getrieben habe? Einiges! Ich bin Mountainbike und Skateboard gefahren, habe in einem Fahrradverleih gearbeitet und bei meiner Mama in der Skischule. Letzten Winter war ich Trainerin für den Landeskader im Snowboardcross. Dann kam die OP – und danach hab ich wieder mit dem Athletiktraining angefangen. Auch weil mir mein Trainer Paul Marks die Tür jederzeit sperrangelweit offen gehalten hat.

Stehen Sie jetzt wieder ohne Schmerzen auf dem Snowboard?

Ganz schmerzfrei bin ich nicht, aber weitgehend. Ich kann mich fast nicht daran erinnern, wann ich mal so wenig Schmerzen hatte. Das fühlt sich echt super an.

Mussten Sie konditionell und technisch wieder bei Null anfangen oder konnten Sie von alten Grundlagen zehren?

Teils, teils. Es ist schon vieles verloren gegangen, muss ich zugeben. Das hört sich zwar komisch an, aber ich merke diese eineinhalb Jahre, die ich älter geworden bin. Zum Glück konnte ich recht schnell wieder Muskeln aufbauen – der Vorteil, wenn man sein ganzes Leben mit Sport verbringt.

Und wie liefen die ersten Schwünge auf dem Board?

Auch das war eine größere Herausforderung, als ich gedacht habe (lacht). Ich hatte mich schnell an die Softboots gewöhnt, denn ich war ja seit meinem Karriereende nie wieder auf einem Raceboard unterwegs. Es ist schon noch ein kleiner Weg, aber alles habe ich nicht verlernt.

In unserem Abschiedsinterview im März 2021 sagten Sie unter anderem, das Feuer in Ihnen sei erloschen. Selbst die drei Podiumsplätze im Weltcup hätten nichts mehr ausgelöst. Haben Sie Ihre alte Leidenschaft wiedergefunden?

Ich merke auf jeden Fall, dass die Motivation wieder da ist. Auch meine Herangehensweise ist jetzt eine ganz andere. Es war ja mein eigener Entschluss, in den Snowboardzirkus zurückzukehren – entsprechend kann ich das jetzt wertschätzen. Es macht echt wieder richtig Spaß!

Und worauf freuen Sie sich am meisten? Auf die Rennen, die Kollegen und Konkurrenten, das Reisen, gar den Kraftraum?

Auf das Gesamtpaket. Es klingt vielleicht komisch, aber sogar den Kraftraum habe ich vermisst. Es freut mich einfach, dass ich jetzt wieder eine Aufgabe habe. Die Aufgabe, wieder gut Snowboard zu fahren. Ich merke, wie es Tag für Tag besser wird.

Wird das ein befristetes Comeback für die anstehende Saison? Oder gehen Sie es ohne Limit an?

Total open end. Ich habe mir keine Vorgaben gemacht – und werde mich zu nichts verpflichten. Daher: Mal schauen, wie lange es geht.

Ohne Ziele geht es aber nicht in der Welt des Profisports. Ihr Nahziel dürfte die WM im Frühjahr 2023 in Georgien sein.

Ganz genau. Konkret in Zahlen habe ich mir noch keine Ziele gesetzt, aber klar: Die Teilnahme an der WM ist auf jeden Fall ein Ziel.

Am 3. Dezember ist Weltcupauftakt in Livigno – ziemlich sicher mit Ihnen am Start. Gehen Sie davon aus, zum Wiedereinstieg einen springen lassen zu müssen?

Bloß nicht reinschreiben (lacht)! Bisher hat keiner was gesagt, aber ich werd’ schon mal eine Runde ausgeben.

Abschließende Frage: Gibt es noch irgendeine Rechnung mit dem Snowboardsport, die Sie jetzt gerne begleichen würden?

Da gibt’ s bestimmt einige, wenn ich länger darüber nachdenke. Im Vordergrund steht aber, dass ich mich wieder ein bisschen mit dem Snowboardsport versöhnen möchte. Das ist mein Ziel. Ich will die Chance nutzen, mit einem anderen Blickwinkel zurückzukommen.

Interview: Uli Kellner

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