Blamage im gefühlten Heimspiel

von Redaktion

Verlaat nach 0:1-Pleite in Bayreuth: „Mir fehlen die Worte“ – Bär-Comeback

VON ULI KELLNER

Bayreuth – Zehn Minuten vor Schluss zog Michael Köllner seinen letzten Joker. Mit einem Vierfachwechsel, den man im Fußball selten sieht, hatte der Löwen-Coach zuvor bereits versucht, die Wende in diesem ungleichen Duell zu erzwingen. Nun also sollte es Marcel Bär richten, der amtierende Torschützenkönig – bei seinem ersten Einsatz, seit er sich Ende Juli den Mittelfuß gebrochen hatte. Bär blies an der Seitenlinie die Backen auf, Köllner umarmte ihn, sogar das Bayreuther Publikum begleitete die Bär-Rückkehr mit Applaus – doch eine Retterstory hatte das Drehbuch dieses Spiels nicht mehr vorgesehen.

1:0 stand auch am Ende der vierminütigen Nachspielzeit auf der Anzeigetafel des Hans-Walter-Wild-Stadions. Ein Ergebnis, das keiner hatte kommen sehen, nachdem Köllners Team eine Woche zuvor seine beste Saisonleistung gezeigt hatte (3:1 gegen Wiesbaden) und die Spielvereinigung am Montag sang- und klanglos das Kellerduell in Halle verloren hatte (0:3). „Sehr, sehr bitter ist das“, haderte Bär: „So hab ich mir das nicht vorgestellt in einem gefühlten Heimspiel.“

Obwohl erkennbar noch ohne Bindung zum Spiel, hatte sich Bär tatsächlich die Chance geboten, die 0:1-Niederlage beim Tabellenletzten (vor dem Spiel) zu verhindern. Nach einer Steinhart-Flanke von der Grundlinie schien der Rückkehrer nicht genau zu wissen, wo das Tor steht. Sein Kopfball aus Kurzdistanz trudelte gegen die Werbebande. „Es war ein misslungenes Comeback“, sagte Bär selbstkritisch: „Ich hätte das Tor machen müssen.“ Ja und nein. Die ganze Wahrheit ist: 1860 hat das Spiel in Bayreuth nicht verloren, weil Bär als Joker das Tor verfehlte. Sondern, weil sich der Rest des Teams in den 80 Minuten zuvor noch ungeschickter angestellt hatte.

Mit einem Sieg hätten die Löwen zu Tabellenführer Elversberg aufschließen können. Dazu jedoch wäre es nötig gewesen, das wackere, aber limitierte Team des Aufsteigers mit dem gegen Wiesbaden gezeigten Mumm zu bearbeiten. „Ein defensiv gut eingestellter Gegner hat uns das Leben schwer gemacht“, kommentierte Köllner konsterniert. Die Folge sei ein Konter gewesen, „wo wir vorher vier- oder fünfmal Abseits spielen wollen. Und irgendwann läuft dann einer alleine aufs Tor zu.“ Dieser freche Bayreuther war Jann George, 30, der selber eine kleine Löwen-Vergangenheit hat (Frühjahr 2013). Nach einem Querpass von Alexander Nollenberger (früher Bayern II) schoss George den Ball ins Tor, was bereits 20 Minuten zuvor möglich gewesen wäre, als er seine Füße bei einer Hereingabe von Tobias Stockinger nicht sortiert bekam.

Die Löwen dagegen? Meris Skenderovic kam zu ein paar Abschlüssen, hatte aber diesmal kein Schussglück. Auch das Powerplay nach Köllners Vierfachwechsel verpuffte ergebnislos. Und als dann auch Bär nicht traf, war klar: Die Löwen werden sich einer neuen Debatte stellen müssen. Zu erörtern ist die Frage, warum es Köllners Team nicht schafft, Konstanz in seine Leistungen zu bekommen. In Osnabrück (2:0) stimmte der Einsatz, gegen Wiesbaden passte alles, kämpferisch und spielerisch. Warum am Samstag fast nichts klappte, obwohl der gesamte Kader bis auf Kapitän Stefan Lex zur Verfügung stand, schien nicht nur den wie gewohnt hinten und vorne ackernden Jesper Verlaat zu beschäftigen. „Unbeschreiblich“, sagte der Abwehrchef: „Mir fehlen die Worte. Das beschreibt’s eigentlich am besten.“

Rückkehrer Bär war es, der am Ende trotz seines Frusts auch Tröstliches fand. „Körperlich habe ich mich gut gefühlt“, sagte er, „ich bin fit, und der Fuß hat auch gehalten. Es war ein enormer Rückschlag heute. Trotzdem hat die Mannschaft bisher fast alles richtig gemacht. Wichtig ist, dass wir oben dranbleiben.“ Auflösung am Sonntag im Heimspiel gegen Saarbrücken (15 Uhr).

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