Sdot Yam/Hamburg – Luise Wanser und Philipp Autenrieth fielen sich in die Arme, schnappten sich eine Deutschland-Flagge und schwenkten sie auf ihrem Erfolgsrevier vor der Küste Israels mit überschwänglicher Freude. Mit dem Titelgewinn bei der Weltmeisterschaft der olympischen 470er haben sich die 25 Jahre alte Steuerfrau vom Norddeutschen Regatta Verein und ihr sieben Jahre älterer Vorschoter vom Bayerischen Yacht-Club in Starnberg einen sportlichen Traum erfüllt.
„Ich bin 2009 mit meinem Bruder Julian in die 470er umgestiegen“, schwärmte Autenrieth, „Unglaublich, dass wir jetzt, 13 Jahre später, den Titel feiern können.“ Auch seine Partnerin war entsprechend überwältigt. „Ich wollte immer Weltmeisterin werden. Rein segeltechnisch betrachtet, ist es mit Blick auf die große Flotte der 60 besten Teams der Welt die größte Leistung“, sagte Wanser. „Es war schon sehr, sehr anspruchsvoll. Die ganze Zeit herrschten Pumpbedingungen, die extrem viel Kraft gekostet haben“, meinte Autenrieth. Am Ende hatten sie elf Punkte Vorsprung auf die spanischen Vizeweltmeister Jordi Xammar und Nora Brugman. Bronze ging an Camille Lecointre und Jeremie Mion aus Frankreich. Am Ende spielte noch nicht einmal der Unfall im Finale eine Rolle – die Italiener Marco Gradoni und Alessandra Dubbini rasierten den neuen Champions die Backbord-Heckecke ab.
Nadine Stegenwalner zeigte sich beeindruckt von ihren Athleten. „Es ist der Hammer, was Luise und Philipp geleistet haben“, sagte die DSV-Sportdirektorin: „Wir haben Weltmeister, drei Boote im Medaillenrennen, insgesamt vier in den Top 15. Die herausragende Gesamtleistung zeigt, wie gut gearbeitet wurde.“ Auch die Nationenwertung ging an das German Sailing Team, unter anderem dank starker Leistungen von Simon Diesch/Anna Markfort (Platz fünf) und dem Segel-Ehepaar Malte und Anastasiya Winkel (Platz sechs).
Auch DSV-Coach Steve Lovegrove war logischerweise voll des Lobes für seine neuen Weltmeister. die planmäßig auf den großen Triumph hingearbeitet hatten. „Die beiden sind vor einem Jahr durchgestartet. Alles bis dahin war die Vorbereitung auf diesen Höhepunkt“, sagte er dem Magazin „Yacht“, „Man kann so ein Ergebnis nicht erwarten, aber hart dafür arbeiten.“
Für die 470er-Klasse ist es das erste WM-Gold seit dem Sieg von Ines Bohn und Sabine Rohatzsch 1994. Bei den 470er-Männern war zuletzt Ausnahmesegler Wolfgang Hunger 1991 mit Rolf Schmidt zu seinem zweiten WM-Sieg gesegelt.
Zugleich war es nur eine Woche nach dem WM-Triumph von Windsurfer Sebastian Kördel auf dem iQFOiL das nächste Gold für die deutschen Segler, die mit drei Medaillen schon bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr überzeugt hatten. Die neuesten Erfolgsgeschichten geben Rückenwind mit Blick auf die olympischen Segelwettbewerbe von Paris 2024, die vor Marseille stattfinden werden. Auch dann sollen Schwarz-Rot-Gold natürlich zu den prägenden Farben gehören.
„Wir haben bei Olympia 2024 fünf neue olympische Disziplinen im Einsatz. Das sind 50 Prozent aller olympischen Segeldisziplinen“, sagte Stegenwalner: „Die Umstellungen haben enorme Herausforderungen mit sich gebracht. Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass wir auf sehr gutem Kurs sind.“ sid