Skisprungweltcup auf Matten

Blick in die Zukunft

von Redaktion

THOMAS JENSEN

„Und wann die Matten bereit liegen und wann die Sunn’ scheint, dann hob i alles Glück in mir vereint“, hat Wolfgang Ambros 1976 nicht gesungen. Hätte auch komisch geklungen. Skifahren und Wintersport allgemein gehören in den Schnee, Matten in die Turnhalle. Soweit die emotionale Betrachtung. Es geht dabei um Postkartenvorstellungen, Stimmung und Lebensgefühl.

Logisch betrachtet schmilzt jedoch die Verbindung des Sports zur weißen Pracht. Kunstschnee kostet, und zwar nicht nur Geld, sondern auch Energie und Wasser. Wie pragmatisch die Skispringerinnen und Skispringer den Weltcup auf Matten annehmen, ist daher vorbildlich.

Auch wenn zur Wahrheit gehört, dass der frühe Termin für den Saisonstart und die daraus resultierende Austragung auf Matten ursprünglich nicht als Zeichen für die Zukunftsfähigkeit des Sports gedacht war. Stattdessen ging es darum, den Auftakt nicht während der Fußball-WM zu haben und so Aufmerksamkeit zu verlieren. Außerdem fällt den Skispringern der Umstieg auf den unromantischen Untergrund wohl leichter. Sie kennen die Matten aus dem Sommer-Training, der jährlich ausgetragene Grand-Prix im Sommer hat schon Tradition.

Für den Rest der Saison dürfte sich die Disziplin wieder auf Schnee und Kunstschnee bewegen, wie auch die restlichen Wintersportarten. Wie lange sich der alljährliche Aufwand noch trägt, weiße Pisten und Strecken zu produzieren, wenn die steigende Erderwärmung die Schneehoffnungen aller Winterkinder immer häufiger verhindert? Eine Frage, die nicht nur den Leistungssport betrifft, sondern auch die Masse an Freizeitsportlern, die es in die Berge zieht. Der kommende Winter könnte bei allen aktuellen Krisen erste Antworten geben.

Biathlon und Langlauf etwa sind dank Rollen ja auch in Zeiten ohne Schnee möglich. Skifahrer und Snowboarder haben es da schwerer, aber auch für sie gäbe es Matten, die auf Hängen ausgelegt werden könnten.

Klingt unromantisch? Könnte in den nächsten Jahrzehnten aber real werden und wäre ehrlicher, als einen Winter zu fälschen. Denn das Leiwandste, an dem das Herz hängt, sollte der Sport sein – und nicht der Kunstschnee.

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