München – Klara Bühl hat als bisher einzige Spielerin des FC Bayern ein Tor in der Allianz Arena erzielt. Im Interview erinnert sich die 21 Jahre alte Angreiferin an den Treffer gegen Paris Saint-Germain im Viertelfinal-Hinspiel im Frühjahr und blickt auf die beiden anstehenden Highlight-Spiele gegen den FC Barcelona in der Champions League voraus.
Klara Bühl, war Ihnen am 22. März direkt bewusst, dass Ihr Treffer zum 1:2 gegen Paris ein besonderes Tor war?
Nein, in dem Moment habe ich nicht darüber nachgedacht. Erst als wir nach dem Spiel über unsere Premiere in der Allianz Arena gesprochen haben, habe ich realisiert, dass es das erste Tor war.
Das Tor fiel durch einen direkten Freistoß in der 84. Minute. Wie sind Ihre Erinnerungen an den Treffer?
Ich erinnere mich sehr gut. Giuli (Gwinn) und ich standen beim Ball. Zunächst wollte sie es probieren. Dann ist uns aufgefallen, dass die Torhüterin so stand, dass man mit dem linken Fuß ganz gut ins lange Eck abschließen konnte. Wir haben noch mal kurz Augenkontakt aufgenommen, dann habe ich geschossen. Der Ball ist gut aufs Tor gekommen und war drin.
Der Treffer schuf die Voraussetzung für das dramatische Rückspiel in Paris, als die durch einen Corona-Ausbruch stark ersatzgeschwächten Bayern-Frauen durch ein Gegentor zum 2:2 in der 112. Minute der Verlängerung ausschieden. Wie lange hat es gedauert, diese Partie zu verarbeiten?
Normalerweise dauert das sehr lange. Aber wir wussten, dass drei Tage später schon die Bundesliga mit dem Spitzenspiel in Wolfsburg weitergeht. Dementsprechend hatten wir nicht viel Zeit. Trotzdem hat es ein, zwei Tage gebraucht, dieses Spiel zu verarbeiten. Auch körperlich haben wir die 120 Minuten gemerkt. Es war wichtig, schnell damit abzuschließen. Aber es war nicht einfach.
Nun stehen die beiden Gruppenspiele in der Champions League gegen den FC Barcelona an. Stellt Barça aktuell die stärkste Frauenmannschaft der Welt?
Ja, definitiv. Auch wenn sie letzte Saison das Champions-League-Finale gegen Olympique Lyon verloren haben, finde ich die Art und Weise, wie sie spielen, sehr beeindruckend. Sie spielen Ballbesitzfußball, haben trotzdem immer Zug zum Tor und strahlen Torgefahr aus. Das macht sie sehr gefährlich. Für uns sind das super Spiele. Wenn wir uns mit solchen Mannschaften messen, können wir sehen, wo wir stehen.
Dadurch dass die ersten beiden Gruppenspiele gegen den FC Rosengard und bei Benfica Lissabon gewonnen wurden, ist der Druck vor den Barcelona-Spielen nicht so groß. Ist das ein Vorteil?
Auf jeden Fall. Es war extrem wichtig, diese beiden Spiele zu gewinnen, um ein Polster zu den direkten Konkurrenten in der Gruppe zu haben. Jetzt können wir gegen Barcelona mutigen Fußball spielen, weil diese sechs Punkte eine starke Basis sind.
Das Hinspiel findet im Camp Nou statt, das Rückspiel in der Allianz Arena. Was bedeutet es Ihnen, in diesen Stadien zu spielen?
Sehr viel. Vor uns liegen spannende und begeisternde Spiele. Natürlich träumt man davon, solche Spiele vor einem großen Publikum zu spielen. Wir freuen uns, dass wir diese Bühne bekommen und unseren Fußball zeigen können. Wir konnten den Hype von der Europameisterschaft mitnehmen. Die spannende EM hat für eine Euphorie im Frauenfußball gesorgt, das zeigt sich auch in anderen Ländern. In der Bundesliga wurde schon nach dem 7. Spieltag die Zuschauerzahl aus der gesamten vergangenen Saison erreicht. Hier entwickelt sich was.
Wie erleben Sie persönlich den Hype?
Ich merke es vor allem an der Fan-Post. Bei mir kommen viele süße Briefe von kleinen Mädels an, die erzählen, dass sie jetzt angefangen haben, Fußball zu spielen. Diese Briefe lese ich gerne durch, manchmal schicke ich in besonderen Fällen ein kleines Geschenk zurück. Ich merke es auch extrem an den Fans vor Ort, die verstärkt nach Bildern oder Autogrammen fragen. Und natürlich merkt man auch an den Followerzahlen in den sozialen Medien, wie es nach vorne geht.
Das Rückspiel gegen Barcelona findet am 7. Dezember statt, während der umstrittenen WM in Katar und während die Männer-Bundesligen pausieren. Ist das eine Chance, noch mehr Werbung für den Frauenfußball zu machen?
Ja. Wir hoffen, dass viele Fans der Männer zu unserem Spiel in die Allianz Arena kommen. Wir wollen das Spiel nutzen, um viele Menschen auf den Frauenfußball aufmerksam zu machen, die dann hoffentlich gerne wiederkommen. Das Spiel FC Bayern gegen FC Barcelona hat auch im Frauenfußball einen besonderen Klang, wir freuen uns sehr.
Sie werden an diesem Tag 22 Jahre alt. Ist eine Party nach dem Spiel geplant?
Ich werde den Tag auf jeden Fall genießen, wegen des Spiels und meines Geburtstages. Und dann hoffe ich, dass wir ein gutes Spiel machen und danach auf das Spiel und meinen Geburtstag anstoßen können.
Sie sind am Mittwoch von der Länderspielreise aus den USA zurückgekommen, am Freitag zum Pokal-Achtelfinale beim MSV Duisburg gereist und jetzt fliegen Sie weiter nach Barcelona. Wie erholt man sich bei so vielen Reisen?
Es ist wichtig, zwischendurch nach Hause zurückzukehren. Dort schlafe ich einfach am besten, zu Hause fühle ich mich am wohlsten und kann Energie tanken. Es war total schön, nach der Rückkehr aus den USA drei Nächte zuhause zu schlafen. Dass wir jetzt schon am Freitag weiter nach Duisburg und dann am Mittwoch nach Barcelona fliegen, ist schon krass. Aber man gewöhnt sich daran und freut sich auf die Spiele.
Interview: Christian Stüwe