Doha – Nach Sonne und Strand war keinem Nationalspieler im WM-Quartier Zulal Wellness Resort. Im Norden Katars herrscht seit der Auftaktpleite dicke Luft. Nach dem 1:2 gegen Japan droht das vorzeitige Turnier-Aus. Das Duell mit Spanien am Sonntagabend (20 Uhr, ZDF und Magenta TV) wird zur Zitterpartie. Es hagelt Kritik – an der Mannschaft und am Bundestrainer. Der Ergebnis-Trend bei Bundestrainer Hansi Flick, der mit einem Startrekord gestartet war (acht Siegen am Stück), ist gekippt. Von den vergangenen neun Länderspielen konnte die Nationalmannschaft nur noch zwei gewinnen. Und vor allem die Japan-Pleite sorgt nun für hitzige Debatten. Deshalb änderte der DFB auch seine Pläne. Spontan stellte sich Flick am Tag nach der Niederlage noch einmal der Presse – und bezog auch zu Taktikfragen Stellung.
Wichtigste Erkenntnis: Der Bundestrainer hält an seinem System fest. „So weit sind wir noch nicht, dass wir unser System umstellen“, sagte er. Eine Dreierkette, die einige Fachleute angesichts der fehlenden Außenverteidiger gefordert hatten, wird es somit nicht geben. Auch dürfte Joshua Kimmich weiterhin keine Option als Rechtsverteidiger sein. „Sie können wirklich davon ausgehen, dass wir jede Personalie und jede Position diskutieren. Das tun wir vor jedem Spiel. Es ist unsere Aufgabe als Trainerteam, die Mannschaft so aufzustellen, dass sie top besetzt ist“, lautete sein Allgemeinplatz. Flick schließt die Versetzung zwar nicht explizit aus – ein Plädoyer für Kimmich hinten rechts war es aber auch nicht.
Am meisten Kritik musste Flick jedoch wegen seines Doppelwechsels in der 67. Minute einstecken, sogar von Kumpel Lothar Matthäus. Die Auswechslung der erfahrenen Nationalspieler Thomas Müller und Ilkay Gündogan wirkte sich negativ auf die Ordnung im deutschen Team aus. Der Rhythmus ging verloren“, schimpfte der Rekord-Nationalspieler bei Bild-TV. Diesen Vorgang kritisierte auch Paul Breitner in seiner Rolle als WM-Experte unserer Zeitung: „Es ist mir ein Rätsel, warum Thomas Müller und Ilkay Gündogan ausgewechselt wurden, dafür gab es doch keinen triftigen Grund. Damit reiße ich doch nur das Teamgefüge auseinander.“
Nun steht die Nationalmannschaft vor einem Alles-oder-nichts-Spiel gegen Spanien. „Wir haben keinen Schuss mehr frei. Der Fehlschuss, den hatten wir gestern, so müssen wir das Ganze angehen“, sagte Flick. Gegen die Spanier müssten „viele Dinge“ besser gemacht werden. Das gilt auch für den Bundestrainer, der Nikals Süle mit Sicherheit nicht mehr als Rechtsverteidiger auflaufen lassen wird. Thilo Kehrer gilt als erster Kandidat für diese Position. Ob Süle statt des ebenfalls wackeligen Nico Schlotterbeck noch eine Chance als Innenverteidiger erhält, bleibt abzuwarten.
Und vorne dürfte sich Kai Havertz nach seinem Lustlos-Auftritt aus der Anfangsformation gespielt haben. Problem: Ein Einsatz von Leroy Sané kommt gegen Spanien wohl noch zu früh, obwohl der Flügelspieler nach überstandenen Knieproblemen am Donnerstag wieder auf dem Platz stand und individuell arbeitete. So könnte der Bremer Niclas Füllkrug zur Geheimwaffe des Bundestrainers werden.