Doha – Leroy Sané spielte in den Plänen von Bundestrainer Hansi Flick schon vor der WM eine tragende Rolle. Aus gutem Grund: Mit seiner Schnelligkeit, seiner Dribbelstärke und seinem gefährlichen Schuss reicht dem 26-Jährigen häufig nur ein kurzer Moment, um den Gegner eiskalt zu erwischen. „Es ist bitter, dass wir auf Leroy verzichten müssen. Er ist ein Unterschiedspieler. Er kann ein Spiel alleine drehen“, sagte Flick vor der 1:2-Niederlage im ersten Gruppenspiel gegen Japan. Sané verpasste die Partie wegen Knieproblemen – und der Bundestrainer musste seine Aufstellung doch noch umkrempeln.
Ursprünglich war Sané auf dem linken Flügel gesetzt, Jamal Musiala (19) hätte dann auf der Zehner-Position hinter Aushilfsstürmer Thomas Müller (32) gespielt, Serge Gnabry (27) das Münchner Angriffsquartett auf dem rechten Flügel komplettiert. So ließ Flick zumindest in den geheimen Einheiten hinter den Burgmauern in Al Shamal trainieren. Doch der Ausfall von Sané stellte die Improvisationskünste des Bundestrainers auf die Probe. Mit überschaubarem Erfolg.
Am Donnerstag trainierte Flicks Hoffnungsträger noch individuell, am Freitag stand er bereits wieder mit der Mannschaft auf dem Platz. Nach Informationen unserer Zeitung soll es mit einem Einsatz am Sonntag im vorgezogenen ersten K.o.-Spiel gegen Spanien (20 Uhr, ZDF und Magenta TV) gut aussehen. Frischer Wind wäre angesichts der leblosen Leistung der Offensivspieler um Kai Havertz (23) auch bitter nötig. Sollte Sané wirklich rechtzeitig fit werden, gilt der Chelsea-Legionär als erster Wechsel-Kandidat.
Wenn nicht, könnte Havertz noch eine letzte Chance bekommen. Als Neuner? Oder doch lieber als Zehner? „Die Positionsfrage nervt mich mittlerweile echt“, blaffte der 23-Jährige am Freitag auf entsprechende Nachfrage und erklärte: „Jeder weiß, dass ich rechts, links, auf der Neun und auf der Zehn spielen kann. Natürlich sind die Positionen verschieden, aber ich kann da vorne drin alles spielen. Ich mag die Neuner-Position echt gerne, aber ich weiß auch, dass man als Stürmer Tore machen muss. Wenn ich am Sonntag wieder dort spiele, dann werde ich dafür wieder mein Bestes geben.“
Ein anderer Offensivakteur, der mit seiner Leistung aus dem Spiel gegen Japan hadert, ist Youngster Musiala – obwohl er zu den Aktivposten im deutschen Spiel gehörte. Was den Münchner ärgert, sind die beiden Torabschlüsse auf Höhe der Sechzehner-Linie, die er über das Tor setzte. Denn diese Abläufe hat Musiala in der Vergangenheit stets in sein Neuroathletik-Training mit aufgenommen und auch beim FC Bayern mit Co-Trainer Dino Topmöller regelmäßig geübt. Daher hat sich das Ausnahmetalent für die restlichen Einheiten vor dem Spiel gegen Spanien Extraschichten vorgenommen, um genau das zu üben.
Stühlerücken könnte es indes auch in der Viererkette der deutschen Mannschaft geben. Abgesehen von Abwehrchef Antonio Rüdiger (29) hat hier keiner seinen Platz aus dem ersten Gruppenspiel sicher. Niklas Süle (27) dürfte seinen Posten als Rechtsverteidiger räumen und in die Innenverteidigung rücken. Dann wäre die rechte Außenbahn für Thilo Kehrer (26) frei, der bis zur ersten WM-Partie der Dauerbrenner unter Flick war. Links muss sich der Bundestrainer entscheiden, ob er gegen spielstarke Spanier mit David Raum (23) die offensivere Lösung bevorzugt oder auf die defensive Verlässlichkeit von Christian Günter (29) baut.