„Ich will mir kein Limit setzen“

von Redaktion

Konstanze Klosterhalfen über die München-EM, Trainingslager in Kenia und Halbmarathon

München – Es läuft für Konstanze Klosterhafen (25). Deutschlands Weltklasse-Läuferin gewann in diesem Jahr nicht nur Gold über 5000 Meter bei der Europameisterschaft in München, sondern in Valencia (Spanien) auch ihre Halbmarathon-Premiere. Im Interview mit unserer Zeitung spricht die Bonnerin über ihre Erfolge, ihr Trainingslager in Kenia, ihre weiteren Ziele und das Thema Regeneration.

Frau Klosterhalfen, in unserem letzten Interview haben Sie erzählt, dass Ihnen das Entspannen sehr schwer fällt. Ist das im Urlaub vor Kurzem dennoch gelungen?

Ja, ich hatte zwei Wochen Erholung. Ich habe eine Reise mit einer guten Freundin gemacht. Auf unserer Kreuzfahrt haben wir viel gesehen, unter anderem Griechenland und Israel.

Wo erreichen wir Sie?

In Südafrika. Ich bin im nächsten Trainingslager. Dort bereite ich mich auf die Cross- und Hallensaison vor und wir arbeiten an den Grundlagen. Kurz zuvor war ich noch zuhause in der Heimat. Da war viel los. Im Trainingslager wieder den Fokus zu finden und in die Routine zu kommen, tut gut. Ich trainiere zweimal am Tag, dazwischen steht Regeneration und Kaffeetrinken auf dem Programm (lacht).

Wie geht es bis zum Jahresende für Sie weiter?

Insgesamt bin ich einen Monat in Südafrika. Wenn alles klappt, bin ich zur Cross-Europameisterschaft Mitte Dezember in Turin. So haben wir ein Ziel. Cross ist immer gut, gibt Stärke und Kraft. Einen Straßenlauf möchte ich aber auch noch laufen.

Ihr bis dato letzter Wettbewerb des Jahres war in Valencia. Wann kam die Idee, dort ihren ersten

Ich hatte das schon die letzten zwei, drei Jahre im Kopf, dass es gut funktionieren kann, aus der Saison einen Halbmarathon zu machen. Bei mir hat das aber bis dato nie so richtig reingepasst, auch aufgrund von Verletzungen. Nun war der richtige Zeitpunkt. Nach meinem Erfolg in München war ich voller Euphorie. In der Dopingkontrolle nach dem Gold-Lauf habe ich schon meinen Coach nach einem Start bei einem Halbmarathon gefragt. Es hat einfach gepasst.

In Valencia sind Sie mit einer Zeit von 1:05,41 Stunden zum Sieg gelaufen.

Dabei war ich vor dem Rennen unheimlich nervös. Aber es war eine positive Nervosität, weil die Vorbereitung an sich perfekt gepasst hat. Ich hatte Respekt, weil vorher noch nie einen Halbmarathon gelaufen bin und weil man im Vorfeld natürlich auch viel hört. Manche meinten, die Distanz sei lang und daher könne eben viel passieren während eines Rennens.

Und wie war es für Sie?

Ich habe gewartet, wann es hart wird. Ich habe mir Kraft für die letzten fünf, sechs Kilometer aufgespart. Dann habe ich meinen Coach gesehen und der meinte, jetzt kannst du mal richtig loslaufen. Die Taktik hat super geklappt. Nach dem Ziel wäre ich am liebsten noch ein bisschen schneller weitergelaufen.

Hätten Sie im Vorhinein mit so einer Zeit gerechnet? Die drittbeste von einer Europäerin über diese Distanz.

Generell war mir bewusst, dass ich gute Ausdauerwerte habe. Längere Tempo-Einheiten haben mir immer gut gelegen. Das Trainingslager davor in Kenia war auch noch mal ein neuer Reiz für mich. Es war eine Umstellung, die super geklappt hat. Ich habe von den Kenianern viel Zuspruch bekommen, das hat mich zusätzlich motiviert.

Werden Sie künftig öfter Halbmarathon laufen?

Diese Rennen sind für den Trainingseffekt gut. Sie wirken sich positiv auf Bahnvorbereitung aus. Alles in allem bin ich aber auf der Bahn zuhause, da gibt es noch viel zu erreichen. Ich möchte meine Bestzeiten weiter steigern, auch über die kürzeren Distanzen.

Sie sprechen es an: Wie war Ihr Höhentrainingslager im Land der besten Distanzläufer?

In der ersten Nacht wollte ich fast meinen Coach anrufen. Er hat mich aber schon im Vorhinein darauf eingestellt, dass es eine etwas andere, eine besondere Erfahrung ist. Entweder man lässt sich auf den kenianischen Weg ein oder nicht. Und ich habe mich voll darauf eingelassen. Schon als ich aus dem Flugzeug gestiegen bin, war ich total inspiriert. In Kenia herrscht so eine tolle Stimmung, es ist wie eine kleine Community nur für Läufer. Diese Trainingslager auf 2400 Metern Höhe machen einen taff. Diese tolle Erfahrung hat mir unheimlich viel gegeben. Diese Freude und Leichtigkeit ist ansteckend. Ich habe wahrgenommen, dass es einer der besten Orte ist, um zu trainieren. Nach dem Trubel in München konnte ich komplett abschalten.

Ihr Lauf über 5000 Meter in München zu Gold ist bei vielen noch in bester Erinnerung. Über 40 000 Zuschauer, ohrenbetäubender Lärm – welche Erinnerungen kommen da bei Ihnen wieder hoch?

Wenn ich an München denke, dann auch an diese unfassbare Stimmung in diesem Olympiastadion. Es war so laut. Am Liebsten denke ich an die letzten 600 Meter des Rennens zurück. Und auch an die ganze Atmosphäre in der Stadt. Ich verspüre immer noch eine gewissen Ungläubigkeit, weil in dieser Nacht alles gepasst hat.

Hat Ihnen München nachhaltig das Selbstvertrauen geben, dass Sie Läufe bei wichtigen Wettbewerben für sich entscheiden können?

Auf jeden Fall. Bisher habe ich Meisterschaften gar nicht so sehr geliebt, weil ich jemand bin, der gerne auf Tempo läuft. Bei der WM 2019 in Doha hat das mit der Bronze-Medaille über 5000 Meter schon gut geklappt. Aber das Erlebnis in München hat ein anderes Selbstbewusstsein gegeben. Nach den 10 000 Metern konnte ich die 5000 noch drauflegen. Es hat mir gezeigt: Wenn man im Moment voll da ist, kann man über sich hinausgehen.

Nächste Jahr ist die WM in Budapest. Nach der EM haben Sie gesagt, Sie wollen die Welt schlagen. Klappt das schon 2023?

Ich möchte weltweit konkurrenzfähig sein. Ich habe in Doha schon gesehen, was möglich ist. Die WM in Budapest ist erst im Sommer. So weit möchte ich nicht vorausschauen. Das Wichtigste ist, gesund zu sein. Wenn ich gesund mit dem Training durchkomme, dann will ich mir keine Limits setzen.

Interview: Philipp Kessler

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