Desinteresse an DFB-Elf

Zuspruch muss man sich verdienen

von Redaktion

VON KLAUS HEYDENREICH

Enthusiastische Fans können Extrakräfte freisetzen, das weiß jeder, der Sport treibt. Das trifft aufs Ü 50-Handballspiel in der Dorfturnhalle genauso zu wie auf die Partien der Fußball-Millionäre in Katar. Das Problem der DFB-Kicker bei der WM: Es sind weit und breit keine ekstatischen Anhänger in Sicht. In Katar nicht, und daheim schaut’s auch mau aus: Nicht mal zehn Millionen Zuschauer verfolgten das erste Spiel im TV. Die Gründe sind vielfältig, etliche haben die Spieler auch nicht zu verantworten. Keiner von ihnen hat die WM in die Wüste vergeben.

Umgehen müssen sie dennoch mit der unerfreulichen Situation, es hilft ja nichts – aber nach einer 1:2-Pleite gegen Japan auch die mangelnde Unterstützung aus der Heimat zu beklagen, ist sicher nicht der richtige Ansatz. „Ich weiß, dass immer viel gegen uns geschossen wird und nicht jeder hinter uns steht“, sagt zum Beispiel Kai Havertz, und aus der Mannschaft ist zu hören, dass er mit dieser Einschätzung nicht allein ist: „Wir wissen, dass aus Deutschland nicht der 100-prozentige Support gegeben ist.“ Das klingt fast schon flehentlich, aber was aufseiten der Fußballer manchmal vergessen wird: Diese Unterstützung müssen sie sich auch verdienen. Immer wieder aufs Neue, das gilt gerade für Profisportler, deren Marktwert sich eben nicht nur auf sportliche Leistung, sondern auch Beliebtheit gründet.

Havertz & Co. haben einen Beruf, der aufgrund seines Volkssportcharakters für pralle Konten bei den Athleten sorgt und für volle Kassen beim Verband. Daraus sollte man nun ausdrücklich keine Sozialneid-Debatte machen, aber in Zeiten von Inflation und Zukunftssorgen haben viele Gelegenheitsfans einfach keine Lust auf diese WM. Ganz zu schweigen von den Fußballpuristen, von denen sich der abgehobene Profizirkus entfremdet hat.

Auch die Nationalelf war immer verwöhnt vom Fan-Zuspruch – trotz zum Teil miserabler Vorstellungen. Nun muss sie um Unterstützung kämpfen, hat es dabei aber in der eigenen Hand: Denn bei aller „Negativität, die jetzt aufkommt“ (Havertz), trifft sie auf ein Publikum, das sich im Grunde leicht begeistern lässt. Kritik ist bei den meisten Fans schnell vergessen, wenn sie mutige und mitreißende Auftritte sehen – auf und neben dem Platz.

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