Doha – „Es ist gigantisch, was die Mannschaft geleistet hat. Ich bin stolz. Es sind Krieger auf dem Platz, die mit Herz spielen. Wenn wir diesen Aufwind mitnehmen und noch mehr Selbstvertrauen bekommen, dann ist viel möglich!“ – mit diesen Worten verabschiedete sich Hansi Flick (57) am Sonntag aus dem Stadion. Sein Auftritt nach dem kämpferischen 1:1 gegen Spanien zeigt, worum es jetzt geht: um alles! Entsprechend martialisch ist die Wortwahl von Trainer und Team vor dem Spiel am Donnerstag gegen Costa Rica (20 Uhr, ARD und Magenta TV).
Auch Manuel Neuer (36) klang höchst entschlossen. „Das Wichtigste ist: Wir leben noch. Die Entscheidung, die wir jetzt beeinflussen können, ist, das Spiel gegen Costa Rica zu gewinnen“, gab der Kapitän die Richtung vor, wohlwissend, dass vorm Fußballspiel die Rechenspiele stehen. Die Nationalmannschaft benötigt bekanntlich Schützenhilfe der Spanier. Sollten diese gegen Japan gewinnen, würde der DFB-Auswahl theoretisch ein Punkt reichen, um als Gruppenzweiter ins Achtelfinale einzuziehen. Gelingt den Japanern ein Dreier, müsste Deutschland gegen den Außenseiter einen hohen Sieg einfahren, um das 7:0 der Spanier gegen Costa Rica wettzumachen.
Die komplexe Tabellensituation, in der eigentlich jedes Team noch das Achtelfinale erreichen kann, ist dem Bundestrainer aber „eigentlich erst mal egal“. Co-Trainer Danny Röhl (33) gab am Montag bereits einen kurzen Einblick in den nächsten Matchplan: „Costa Rica wird ein ganz anderer Gegner. Gegen diese Mannschaft brauchen wir viel mehr Lösungen mit Ball.“
Der Bundestrainer warnt indes davor, den letzten Gruppengegner auf die leichte Schulter zu nehmen. „Sie haben eine tolle Mentalität gezeigt. Wenn man 0:7 verliert und so zurückkommt. Das ist eine Mannschaft, die gut verteidigt und gut steht, sich vielleicht auch das 1:0 gegen Japan verdient hat“, sagte Flick, der aber erst den Sonntag aufarbeiten will: „Wir müssen Spanien noch mal sacken lassen und analysieren. Die Dinge, die wir gut gemacht haben, geben wir der Mannschaft noch mal mit, sie braucht das Selbstverständnis, um die Angriffe so vorzutragen wie zum Schluss.“
Was dem Team Hoffnung macht, ist neben der Leidenschaft auf dem Feld der neu entfachte Mannschaftsgeist. Ein Turnier sei „ein Prozess“, betonte Röhl. Besonders positiv wurde bewertet, dass auf dem Platz und der Ersatzbank zu sehen gewesen sei, „dass wir eine Einheit sind“. Das sah auch Mittelfeldmotor Leon Goretzka (27) so: „Es waren heute wirklich elf Spieler auf dem Platz, die bereit waren, sich richtig zu zerreißen. Und ich glaube die wichtigste Erkenntnis heute muss sein, dass es nur so funktionieren kann.“ Aus Sicht der Statistiker ist Abwehrchef Antonio Rüdiger (29) das Paradebeispiel: Er verlor im Turnier bisher keinen seiner direkten Zweikämpfe.
Nach dem aufopferungsvollen Kampf am Sonntagabend durften die Nationalspieler den Druck im Kreise ihrer Familien abfallen lassen. Wie schon nach dem verlorenen Japan-Spiel kamen wieder die Frauen, Freundinnen und Kinder der Spieler ins DFB-Quartier. „Die Jungs sollen abschalten“, sagte Röhl. Erst ab dem heutigen Dienstag liegt in den restlichen zwei Trainingseinheiten der volle Fokus auf dem nächsten Endspiel. Auch Kämpfer brauchen eben mal einen Moment Ruhe.