DFB-Elf im Aufwind

Zuneigung für die Teamleistung

von Redaktion

VON JAN CHRISTIAN MÜLLER

Es gibt eine Fußballweisheit, die es aus aktuellem Anlass zu überprüfen gilt: „Die Tabelle lügt nicht.“ Vor dem zweiten WM-Spiel in Katar war die deutsche Nationalmannschaft Gruppendritter. Die Stimmung war schlecht. Jetzt ist sie hinter Costa Rica auf den vierten und letzten Platz abgerutscht. Die Stimmung ist plötzlich gut. Manchmal lügt eine Tabelle also doch. Denn der späte Ausgleichstreffer durch Niclas Füllkrug gegen Spanien hat Perspektiven eröffnet. Es ist deshalb sicher nicht so, dass die Leute in Deutschland sich nun glückselig in den Armen liegen würden.

Ein paar vielleicht schon, aber bestimmt nicht die meisten. Dazu ist in den vergangenen Jahren zu viel kaputtgegangen im Verhältnis der Mannschaft zu den Menschen und im Verhältnis vom großen Fußball zum kleinen Fan ganz grundsätzlich. Aber die Herz-Schmerz-Geschichte, die Niclas Füllkrug jetzt liefert, bietet Raum für ein wenig Zuneigung des Fußballvolkes. Und sicher auch die Art und Weise, wie sich das vielfach ja schon abgeschriebene DFB-Team gewehrt hat. Als es drauf ankam, hat man sich gegenseitig auf dem Platz geholfen. Diese Mentalität braucht es auch am Donnerstag gegen Costa Rica. Niemand muss die Sterne vom Himmel spielen. Aber jeder muss für den anderen da sein. Leon Goretzka hat das gut erkannt und betont, dass alle Spieler auf dem Platz ihr Herz in die Hand genommen hätten.

Hansi Flick vollzog gegen Spanien einen wichtigen Wechsel, indem er Goretzka in die Startelf vorrücken ließ. Der wurde nicht nur mit einer Monstergrätsche in der Schlussphase auffällig. Und der Bundestrainer bewies mehr Fortune bei seinen Einwechslungen als gegen Japan. Lukas Klostermann und Leroy Sané bereiteten Füllkrugs Tor vor. Alle drei waren gemeinsam nach 70 Minuten als Joker-Trio gekommen. Besser kann ein Trainer nicht agieren. Es gilt das Leistungsprinzip. Selbst wenn es den Bundestrainer und den langjährigen Spieler seines Vertrauens persönlich schmerzen dürfte: Thomas Müller ist ein Kandidat für die Bank. Per Mertesacker hat 2014 vorgemacht, wie ein verdienter Nationalspieler mit einer solchen Situation umzugehen hat: eigenes Ego hintanstellen, Frust hinunterschlucken, Team unterstützen. Weltmeister werden.

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