Regenbogen-Flitzer Ferri

Ein Held, kein Showman

von Redaktion

VON GÜNTER KLEIN

Mit Äußerungen zu Protestaktionen, ob zustimmend oder ablehnend, begibt man sich derzeit auf vermintes Gelände. Die Diskussion ist giftig geworden, vor allem in Deutschland, wo manche gut gemeinten Klimaaktivismus als Klimaterrorismus bezeichnen. Auch am Montagabend, kaum dass der Flitzer beim WM-Spiel Portugal – Uruguay von den Ordnern vom Spielfeld gezogen war, rauschte ein Für und Wider durchs Internet. Wenngleich in milderer Form: Ist es Zensur, dass das Fernseh-Weltbild die Szene des Mannes mit seiner politischen Dreifach-Botschaft sogleich ausblendet? Oder ist das schon richtig so, weil es den Codex gibt, Störern keine Bühne zu bieten?

In der Tat kann das Flitzen eine Plage sein. Einige Zeit war es damit verbunden, Werbebotschaften, etwa für dubiose Online-Casinos zu platzieren – für die Auftraggeber eine billige Sache. Das gehört nicht gezeigt. Einige Flitzer haben ihren Auftritt als Mutprobe verstanden, für sie war es der Weg, sich die vom Künstler Andy Warhol beschriebene Berühmtheit zu holen. Halt nicht für 15 Minuten, sondern nur Sekunden. Im Stadion mag es amüsant sein, wenn ein Flitzer ein flinker Läufer ist, Haken schlägt und die Security ein wenig foppt – man ist ja immer auf der Seite des gejagten Außenseiters. Doch auch hier gilt: Muss nicht die ganze Welt sehen.

Dass der WM-Flitzer von Doha im TV kaum zu sehen war, hatte nichts mit Zensur aufgrund der Botschaften zu tun, die er präsentierte. Um solche Überlegungen zu treffen, ging alles zu schnell. Es war schlicht ein Automatismus. Dennoch hätte man gerne erlebt, dass die Regie diesen Mann länger im Bild gelassen hätte – denn auch wenn er ein Profi in Sachen solcher Auftritte ist, tat er es für eine gute Sache.

Für drei gute Sachen sogar: Toleranz, Ukraine, die Frauen in Iran. Das sollte in die Geschichte des Flitzens eingehen. Zum Glück gibt es Fotos, die alles dokumentieren. Das Ziel wurde also erreicht. Mario Ferri, so heißt der Flitzer, hat niemandem geschadet, kein Kunstwerk beschädigt. Gefährdet hat er nur sich selbst – durch seinen Mut, diese Aktion in Katar zu absolvieren, wo die Strafe fürchterlich sein kann. Mario Ferri ist ein Showman, klar, doch ebenso: ein Held.

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