Boykott unterbrochen

129 Wüstenfliegen und der arme Gerd

von Redaktion

VON JÖRG HEINRICH

Blüh im Glanze dieses Lückes! Millionen Deutsche haben gestern ihren WM-Boykott kurzfristig unterbrochen – und trotz politischer Bedenken die Daumen für den Bundeshansi und für Niclas Füllkrug gedrückt, der erstmal aus unerfindlichen Gründen fehlte. ARD-Motto beim Krimi gegen costaricanische Japan-Spanier: Hier schwitzen Sie in der ersten Reihe!

Welche Spitzen-Sätze hat Jessica Wellmer erfunden? War gar nicht so wild. Die Jessy konnte noch am wenigsten dafür, dass das Erste die bisher rästelhafteste Übertragung der WM hinlegte. Während die Fans dem Anpfiff entgegenfieberten, schwabulierte die ARD über Fußballdoping und zeigte ein gut abgehangenes Porträt von Jamal Musiala, das schon vor Wochen im Bayerischen Fernsehen lief. Eventuell sind die Verantwortlichen zu lange in der Wüstensonne gebrutzelt. Anders lässt sich nicht erklären, dass eine Stunde vor dem Anpfiff Lothar Matthäus übers Schachspielen vom Musiala referierte. O-Ton ARD: „Der Unterschiedsspieler mit dem Magnetfuß.“ Ein kurioses, laberlastiges Sendekonzept. Wobei Jessy dann durchaus ihr gewohnt ulkiges Zeug erzählt hat: „Es ist das erste Spiel der deutschen Mannschaft gegen Costa Rica im Advent.“ Und am Ostersonntag hat Deutschland noch nie gegen Lappland gekickt.

Was fand Thomas Hitzlsperger überhaupt nicht gut?

Gar nix. Für die schlechte Laune war diesmal ARD-Dopingfahnder Hajo Seppelt zuständig. „Ein Thema, über das wir häufiger reden sollten“, fand Jessica. Das stimmt, aber halt nicht dringend vor dem entscheidenden Spiel. Die Aufstellung war längst da – und im Ersten unkte Seppelt, der Karl Lauterbach vom Sport. Als es dann doch noch um das Spiel „von historischer Dimension“ (Jessy) ging, wurde es besser. Die Plauder-Recken waren unzufrieden mit der lückenhaften Hansi-Elf. Almuth moserte: „Warum ist kein Füllkrug aufgestellt, der die Flanken verwertet?“ Hitzi fand zurecht, dass man ruhig auch das Costa-Rica-Spiel thematisieren sollte: „Wir könnten auch noch über Belgien sprechen. Aber interessanter wäre, über Deutschland zu sprechen.“

Wie süß haben Esther und Schweini geschäkert? Die beiden Hübschen kamen kaum zum Turteln, weil sie permanent von rund 129 katarischen Wüstenfliegen traktiert und umschwirrt wurden. Esther Sedlaczek war besorgt um den Bundeshansi: „Das ist eine Fliegenschar um Hansi Flick herum.“ Da hat man schon geahnt, dass die Fliegen ein schlechtes Omen sind: Fliegen wir raus? Auch Schweini plante für eine womögliche Pleite: „Dann kannst du für uns sagen, wir müssen nach Hause schwimmen.“

Wie hat Gerd Gottlob das Spanien-Spiel erklärt, obwohl es nicht zu sehen war? Das war blöd für den Gottlob, dass er ständig übers Spanien-Spiel reden musste, das im Ersten gar nicht gesendet wurde. Es war quasi eine Konferenz mit nur einem Spiel. In der zehnten Minute jubelte er noch sehr hübsch: „Der sitzt, der sitzt, Gnabry!“ Danach verzweifelte Gottlob aber zunehmend: „Fehler von Rüdiger, WAS MACHT ER DENN? Ey, der böse Blick von Neuer war aber richtig platziert.“ Der ARD-Mann geriet zunehmend in eine nervliche Krise, und das zurecht: „Ich bin mir nicht sicher, ob der Mannschaft der Ernst der Lage bewusst ist.“ Es folgte pure Not: „Und sie gleichen aus, Costa Rica! Deutschland taumelt!“ Der arme Gottlob, sein Kommentar wird in jedem Sport-Jahresrückblick landen.

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