Japan schafft die Sensation

von Redaktion

Tanaka erzielte den Siegtreffer beim 2:1 gegen Spanien – aber war der Ball vorher im Abseits?

Doha – Tanzende Spieler in blauen Trikots auf dem Rasen des Khalifa-Stadions, tanzende Fans in Manga-Kostümen auf den Rängen – Japan hat die Welt des Fußballs auf den Kopf gestellt. Mit beispielloser Hingabe gewann es 2:1 (0:1) gegen das große Spanien, holte Platz eins in der Gruppe E und spielt im Achtelfinale gegen Kroatien. Die Spanier hatten noch Dusel, dass sie als Zweiter mit in die nächste Runde rutschen.

Wenn Spanien spielt, heißt das: Streben nach Kontrolle, Ballbesitz. Zeitweise lag das Team von Trainer Luis Enrique in dieser Statistik über 80 Prozent. Und was in der 12. Minute geschah, das schien ihm in die Karten zu spielen: ein frühes Tor. Alvaro Morata, bisher Joker, spielte von Beginn an und sprang bei einer Flanke von Azpilicueta ein Stockwerk höher als die um ihn herum postierten Japaner. 1:0 – und für den Coach die erste Bestätigung: Würde wohl nicht stören, dass er seine Mannschaft auf fünf Positionen umgebaut hatte. So wild wie tags zuvor der Franzose Didier Deschamps mit neun Umstellungen trieb Enrique es nicht.

Doch obwohl die Spanier ihr Spiel aufzogen und sie selbst nicht oft an den Ball kommen, waren die Japaner eine Bedrohung. Vor ihrem Rückstand hatten sie schon zwei gute Szenen durch Kubo und Ito, der ans Außennetz schoss. Fünf Veränderungen in der Startelf hatte es auch bei den „Blue Samurai“ gegeben, es war die Reaktion auf die 0:1-Niederlage gegen Costa Rica, der aus einer hervorragenden Ausgangsposition (2:1 gegen Deutschland) eine bestenfalls mittelprächtige gemacht hatte. Doch Japan war anzumerken: Aufgegeben wird nicht.

Spanien leistete sich Momente der Leichtfertigkeit. Nicht nur durch Busquets (aus seinem Ballverlust im eigenen Strafraum resultierte Itos Chance), sondern auch durch Torhüter Unai Simon, der sich aus Schreck vor dem ihn anlaufenden Daizen Maeda fast ein Eigentor fabriziert hätte (34.). Japan ging zur Sache, holte sich in den sechs Minuten vor der Pause drei Gelbe Karten ab. Die Unerbittlichkeit im Zweikampf sollte sich auszahlen: Drei Minuten nach Wiederbeginn gelang eine Balleroberung vor dem spanischen Strafraum, und der gerade eingewechselte Ritsu Doan wuchtete den Ball zum 1:1 ins Netz. Der Schuss sah aber keineswegs unhaltbar aus. Tanaka legte gleich noch ein Tor nach, das Stadion brodelte – allerdings: War der Ball vor dem entscheidenden Pass im Aus? Videobeweis, Millimeteranalyse – Tor, das 2:1 (53.). Spanien musste aufpassen, als sich herumsprach, dass Costa Rica gegen Deutschland ausgeglichen hatte. Doch die Japaner waren nun endgültig im Kampfmodus, liefen jede Lücke zu, grätschten jedem rotbestrumpften Bein entgegen, stürzten sich in jede Kontermöglichkeit. Auf der Videowand Einblendungen der Tabelle: Spanien Dritter (als Costa Rica traf), Spanien Zweiter (nach Deutschlands Ausgleich). Am Ende küssten die Japaner ihren Torwart, Glück pur.  gük

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