Der deutsche Fußball ist am Boden. Mal wieder. Nach dem historischen Vorrunden-Aus bei der WM 2018 hat die Nationalmannschaft in Katar für den nächsten Tiefpunkt gesorgt. Hansi Flick (57), der den DFB nach der Ära Joachim Löw (62) sportlich nach vorne peitschen sollte, ist krachend gescheitert. Dabei steht in zwei Jahren die Europameisterschaft im eigenen Land an. Wie nur sollen die aktuell so leblose Mannschaft und ihr chaotischer Dachverband bis 2024 Begeisterung im Land entfachen?
„Die Enttäuschung ist riesig. Und Wut. Wut, wenn man die Spiele gesehen hat. Wir hatten es selbst in der Hand, in dieser Gruppe zu bestehen“, sagte Oliver Bierhoff nach dem Ausscheiden am Donnerstag. Wut auf wen? „Auf uns alle. Wir sind alle in einem Boot. Es geht nicht darum: Wer hat hier Schuld? Die Spieler haben alles gegeben, sie haben auch im Training voll mitgezogen. Am Ende muss man feststellen, dass es einfach zu wenig ist“, ergänzte der Direktor Nationalmannschaft und Akademie.
Der 54-Jährige ist, abgesehen von einigen Spielern, die einzige Konstante der beiden Turnier-Blamagen. Der Bundestrainer wurde ausgetauscht, Präsident Bernd Neuendorf (61) ist nach Reinhard Grindel (61) und Fritz Keller (65) bereits das dritte Verbandsoberhaupt in diesem Zeitraum. Generalsekretärin Heike Ullrich (62) beerbte im April dieses Jahres Friedrich Curtius (46). Selbst „Strippenzieher“ Rainer Koch (63) wurde von Dortmund-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (63) als Vize-Präsident abgelöst. Nur Bierhoff ist mittlerweile seit 18 Jahren im Amt. Sein Arbeitsvertrag läuft – wenig überraschend – bis 2024.
Als es nach Russland 2018 um den sportlichen Wiederaufbau ging, war Bierhoff vor allem mit dem Bau seiner neuen Machtzentrale beschäftigt. Die DFB-Akademie sollte dabei helfen, das markige Motto des Direktors in die Tat umzusetzen: Zurück an die Weltspitze, das war der Plan. Die Realität ist nach der nächsten Turnier-Offenbarung weiterhin eine andere: Gefangen im Mittelmaß!
Dabei haben sich die führenden Köpfe des DFB sowohl intern als auch extern auf die Schulter geklopft: Man sei noch nie so gut auf eine WM vorbereitet gewesen wie in Katar. Es gab Spezial-Vorhänge und Gerätschaften, die für einen perfekten Schlaf sorgen sollten. Seit Monaten wurde am idealen Ernährungsplan für die Sportler getüftelt, der neben der Hitze auch die späten Anstoßzeiten kompensieren sollte. Nicht zu vergessen die technischen Errungenschaften, die in Katar im Einsatz waren. Besonders stolz ist der DFB auf den sogenannten „Trackman“, eine Ballflug-Technologie, die bei Standard-Situationen die Schusstechnik optimieren sollte. Ein Treffer nach einer Ecke oder einem Freistoß hätte vor allem gegen Japan oder Spanien gutgetan. Es wurde zwar viel investiert – aber zu wenig in die eigentliche Kernkompetenz: das Spiel.
Da passt es ins Bild, dass die Position des Sportdirektors seit Anfang 2017 unbesetzt ist. In Joti Chatzialexiou (46) gibt es lediglich einen „Sportlichen Leiter Nationalmannschaften“, der jedoch nicht für den sogenannten „Elitebereich“ zuständig ist. Den verantwortet Oliver Bierhoff in Personalunion. Von Elite kann seit Donnerstag keine Rede mehr sein.