Doha – Das katarische Fernsehen hatte seinen Spaß: Wenige Stunden nach dem Vorrunden-Aus wurde die deutsche Nationalmannschaft live im TV zynisch verabschiedet. Die Expertenrunde imitierte mit der einen Hand die Mund-zu-Geste aus dem deutschen Gruppenauftakt und winkte mit der anderen in die Kamera. Hohn und Spott der arabischen Welt sind der DFB-Truppe nach den Diskussionen um die One-Love-Binde und der Folge-Aktion nun endgültig sicher. Bereits im Vorfeld herrschte intern Uneinigkeit, als sich die Mannschaft zu dieser Form des Protests gegen die FIFA entschlossen hatte. Nach dieser Aktion vor der Auftaktpleite standen die Nationalspieler nicht nur sportlich, sondern politisch weiter im Fokus. Ein Grund für das erneute Vorrunden-Aus bei einer Weltmeisterschaft? Oliver Bierhoff (54) streitet das in seiner Funktion als Direktor Nationalmannschaft und Akademie ab: „Das kann man sicherlich mal diskutieren. Aber glauben Sie wirklich, dass nach drei Spielen, die auf dem Platz stattgefunden haben, diese One-Love-Binde eine so große Rolle gespielt hat?“
Ein Mitgrund dafür war dies aber schon. Im Zuge der Debatte hatte die Mannschaft das Gefühl, die Nation stünde nicht geschlossen hinter ihnen. Einige Spieler hatten dem Vernehmen nach zudem den Eindruck, dass das Turnier für die politische Agenda des Verbands genutzt wurde. Tenor: Viel Politik, wenig Sport. Im Vorfeld hieß es, die Delegation um Präsident Bernd Neuendorf sollte die politischen Themen von der Mannschaft fernhalten. Klappte nicht. Immerhin übt Bierhoff auf Nachfrage in der ARD Selbstkritik: „Das hätten wir besser machen können – ohne Zweifel.“
MANUEL BONKE UND PHILIPP KESSLER