Falsches Narrativ der FIFA

Europas Ligen dominieren

von Redaktion

VON GÜNTER KLEIN

Die FIFA donnert während des WM-Turniers in Katar die Welt mit Erfolgsmeldungen zu: Mehr Menschen an den TV-Geräten als je zuvor – oder erstmals alle Kontinente über die Vorrunde hinaus im Wettbewerb vertreten. Das mit der breiten Streuung ist richtig. Jeder Kontinentalverband der FIFA hat(te) Teams im Achtelfinale: Europa und Südamerika sowieso, das oft leidende Afrika diesmal auch, der Komplex Nord-/Mittelamerika lebte von couragiert auftretenden US-Amerikanern (die allerdings jetzt auch draußen sind), Asien vollbrachte mit Japan und Südkorea großartige Willensleistungen gegen favorisierte europäische Topmannschaften – und Australien, das im Achtelfinale Argentinien die Stirn bot, vertritt gleich zwei Erdteile: Ozeanien und Asien, in dessen Bereich es gewechselt ist, um eine intensivere Konkurrenzsituation zu erleben.

Der zweite Blick relativiert jedoch das Narrativ vom sich immer weiter und in den letzten Nischen entwickelnden Fußball. Gut geworden sind Asiaten und Afrikaner nicht durch ihre eigenen Ligen, sondern weil ihre besten Spieler in europäischen Vereinen die wesentlichen Fortschritte machen. Japan wächst durch die deutsche Bundesliga, Südkorea wird von seinem Star Heung-min Son getragen: ausgebildet in Deutschland (beim HSV!), gereift in der englischen Premier League. In nahezu jeder guten Nationalmannschaft der WM findet man Spieler, die ihre Klasse dem Wettbewerb in Europa verdanken. Die UEFA-Champions-League ist das Maß aller Dinge, das Herz des Weltfußballs schlägt in Europa.

Es ist halt eine Geschichte, die der FIFA nicht so recht passt. Sie muss den nächsten Schritt vorbereiten, die Erweiterung des Teilnehmerfeldes auf 48 Nationen. Bereits in vier Jahren wird die WM ausufern mit wahrscheinlich 16 Vorrundengruppen zu drei Teams bei einem noch nicht ganz geklärten Modus. Europa soll nur drei weitere Startplätze bekommen, belohnt werden die Blöcke, die Gianni Infantinos Präsidentschaft in der FIFA sichern. Arsène Wenger, einst Startrainer, nun Diener Infantinos, sagt, es gehe darum, „Ausbildungsdefizite in vielen Ländern der Welt zu beheben“. Als ob der Fußball nicht schon jeden Winkel erreicht hätte mit seinen globalen Idolen. Es geht um Wachstum, um Erlöse. Um nichts sonst.

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