Doha – Arsene Wenger, früher eine Trainergröße und nun bei der FIFA der Fußball-Wissenschaftler, glaubt: „Frankreich wird lange im Turnier bleiben.“ Da hat er als Elsässer einerseits die landsmannschaftliche Fan-Erwartung, doch vor allem verkörpert die Equipe tricolore für ihn den Erfolgstrend dieser WM: Sie betont das Flügelspiel. „Da kann“, tippt Wenger mit Blick auf die erlesene Auswahl von Didier Dreschamps, „nach langer Zeit mal wieder eine Mannschaft ihren Titel verteidigen.
Der Weltmeister von 2018 steht bereits unter den besten Acht, er besiegte Polen am Sonntagabend im nicht ganz gefüllten Al-Thumama-Stadion mit 3:1 (1:0). „Man braucht kein Trainer zu sein, um zu erkennen, wo Frankreichs Power liegt“, meinte der polnische Trainer Czeslaw Michniewicz und schwärmte eine Runde von Kylian Mbappé, aber auch den anderen beiden Stürmern Ousmane Dembelé und Olivier Giroud. „Und kein Coach der Welt hat ein Rezept, um Mbappé in dieser Form zu stoppen.“
Die Prognose von Michniewicz: „Mbappé wird über viele Jahre der Beste der Welt sein.“ Es war ein wuchtiges Spiel, in dem Polen in der 38. Minute durch Zielinski und Kaminski die Doppelchance zur Führung hatte – Frankreichs Torhüter Lloris und dann Abwehrspieler Varane auf der Torlinie verhinderten sie. Kurz darauf brachte ein filigraner Moment Frankreich das 1:0. Mbappé steckte zu Olivier Giroud durch, der Mittelstürmer spitzelte den Ball an Polens Schussmann Szczesny vorbei (44.). Sein 52. Länderspieltor, Giroud hatte mitgezählt, zeigte es mit den Fingern an. Er hat Thierry Henry überholt.
Frankreich konnte es sich leisten, den Polen die Initiative zu überlassen – und seine Konterstärke auszuspielen. Dies geschah in der 75. Minute. Giroud zu Dembelé nach rechts, der zu Mbappé nach links. Ball kurz zurechtgelegt, geschaut und in den Winkel gejagt. Einfach so. Trainer Didier Deschamps strich seinem Torschützen übers stoppelkurze Haar. Der legte in ähnlichem Stil das 3:0 nach (90.+1). Deschamps: „Kylian spricht auf dem Fußballplatz. Das war nicht sein bestes Match, aber er kann es in einem Moment verändern. Das brauchten wir, und er hat es geliefert.“ Mbappé sagte: „Es ist das Turnier meiner Träume.“ Es war sein erster Medienauftritt, zuvor hatte er sich trotz „Man oft he Match“-Auszeichnung gedrückt, „weil ich mich konzentrieren wollte. Als ich hörte, dass der Verband eine Strafe bezahlen muss, habe ich sie übernommen.“
Polen, das nach 36 Jahren eine WM-Vorrunde überstanden hatte (Coach Michniewicz schnippisch: „Ich hoffe, Deutschland muss nicht so lange warten“), kam wenigstens zum Ehrentor mit der letzten Aktion der Nachspielzeit: Robert Lewandowski verwandelte im zweiten Versuch gegen Hugo Lloris einen Handelfmeter. War es ein Abschied des Torjägers von der großen Bühne? Lewandowski: „Von der körperlichen und sportlichen Seite habe ich keine Sorge, aber es gibt so viele unterschiedliche Dinge, die alle zusammen darüber entscheiden können, dass es die letzte WM sein könnte.“