DFB? Nur noch ein Konjunktiv-Team

von Redaktion

2019 und 2020 war Manuel Baum für den DFB tätig. Neben der Aufgabe als U-Nationaltrainer in den Altersbereichen U18 bis U20 unterstützte er auch in der Trainerausbildung der DFB-Akademie. Für MagentaTV analysiert der 43-jährige Landshuter die WM. Das Interview.

Was sind Ihre Gründe fürs deutsche WM-Aus?

Für mich gilt immer die Formel: Leistung = Potenzial – Störungen. Letztere gab es einige – mit der Debatte um die ’One-Love’-Binde auch außerhalb des Platzes. Da verlierst du den Fokus. Aber auch sportlich gab es Entwicklungsfelder. Der Erfolg steht und fällt mit der Abwehr-Kette. Da hätte ich mir gewünscht, dass man sich für eine feste Formation entscheidet.

Was muss der DFB in der Ausbildung besser machen?

In anderen Ländern wird das X-fache im Vergleich zu uns trainiert. Wir fangen viel zu spät an, Grundlagen zu legen. In Holland haben die Kinder zusätzlich noch zwei Mal individuelles Training, in dem sie ihre Technik geschult bekommen.

Gibt es weitere Punkte?

Wir in Deutschland sind relativ schnell satt. Und wir haben eine schlechte Feedback-Kultur. Man hat immer Angst, einem jungen Spieler hartes, ehrliches Feedback zu geben, weil die Gefahr droht, dass der dann den Verein oder den Berater wechselt oder ich als Trainer ein Problem im Verein bekomme. Aber: Wenn ich immer alle Probleme aus dem Weg geräumt bekomme, entwickle ich mich doch nicht.

Welche Trends konnten sie bei der WM beobachten?

Taktisch gibt es nichts Neues. Dafür bekommt die individuelle Qualität der Spieler – wie zum Beispiel bei Frankreich mit Kylian Mbappé – wieder größeres Gewicht. Und es sind nicht die Alt-Stars, die begeistern, sondern die jungen Spieler wie Musiala und Bellingham.

Fehlt der DFB-Elf mittlerweile die Spitzenqualität?

Wir sind eine Konjunktiv-Mannschaft geworden: Wir könnten eigentlich, aber ich muss halt auch mal machen. Wenn ich es wiederholt nicht schaffe, meine Qualität auf den Platz zu bekommen, ist es irgendwann kein Zufall mehr. Die Leistungen der Spieler liegen auch im Verantwortungsbereich des Trainers.

Ist Hansi Flick noch der Richtige?

Ich würde überhaupt nicht am Trainer rütteln. Man muss ganzheitlich nach Lösungen suchen. Wir alle – da nehme ich mich gar nicht raus.

Interview: Johannes Ohr

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