Der Vielseitige soll sesshaft werden

von Redaktion

Isaac Bonga tingelte durch die NBA – bei Bayerns Basketballern will er Konstanz lernen

VON PATRICK REICHELT

München – Andrea Trinchieri musste lange nachdenken. Der Trainer der Basketballer des FC Bayern wusste nicht so ganz genau, was er Issac Bonga mit auf den weiteren Weg in diese Saison geben sollte. Und deutete doch ziemlich vielsagend an: „Ich habe Träume.“

Verraten will er sie nicht. Wohl auch, weil er dem freundlichen 2,04-Meter-Schlacks nicht zu viel auf die Schultern laden will. Was nicht einfach ist bei einem Mann, der auch so als eines der größten Versprechen im deutschen Basketball gilt, vielleicht als das größte. Nicht umsonst hatte Bayerns Sportchef Daniele Baiesi nach dem fürchterlichen 0:5-Fehlstart in die Euroleague die Hoffnungen auf Besserung vor allem mit ihm verknüpft: „Er kann den kompletten Rhythmus unseres Spiels ändern.“

Seither sind ein paar Wochen ins Land gegangen. Die Bayern sind in der BBL-Spitze (gestern gab es einen 81:77-Sieg gegen Oldenburg) und haben auch in Europa Fuß gefasst. Natürlich hat das auch mit dem 23-Jährigen zu tun. Doch noch ist das Bild von Isaac Bonga ein wechselhaftes. Der Sohn zweier kongolesischer Einwanderer spielte mal überragend, mal tauchte er ab. Oder wie Trinchieri sagte: „Manchmal wechselt er seinen kleinen Bruder ein.“ Joseph Bonga ist 17 und derzeit in der Nachwuchsabteilung von Zalgiris Kaunas aktiv.

Doch man ahnt: Konstanz wird kommen. Bonga wird sich weiter mit den Dingen bei den Bayern vertraut machen, für die er nach seiner Verletzungspause gerade einmal elf Partien bestritten hat. Aus Trinchieris System ist er schon jetzt kaum mehr wegzudenken. Weil er der Vielseitigste unter den Vielseitigen ist, die der Italiener bei den Bayern um sich versammelt hat. Keine Position, auf der sich Bonga in seiner Karriere nicht schon erfolgreich versucht hätte. „Ich glaube schon, dass das eine meiner großen Stärken ist“, sagt er selbst.

Immerhin hat ihn die Flexibilität auch für die Traumfabrik NBA interessant gemacht. Mit seinen 23 Jahren hat er schon Engagements bei den Los Angeles Lakers, den Washington Wizards und den Toronto Raptors in seine Vita gebracht. Und natürlich lebt die Hoffnung, dass er irgendwann, dann als gereifter Spieler, in diesen Kreis zurückkehren kann.

Und dass er dann vielleicht das Glück findet, dass ihm bislang versagt geblieben war. Seit er 2018 aus Frankfurt nach Übersee zog, hat er im Jahresrhythmus sein Umfeld wechseln müssen. Hat sich jährlich an ein neues Umfeld, einen neuen Verein angepasst. Bonga hat dadurch gelernt, kurzfristig zu denken: „Ich mache mir keine Gedanken, was im nächsten Jahr mit mir passiert.“

Trinchieri glaubt, dass es für Bongas Entwicklung von Vorteil wäre, für eine Weile sesshaft zu werden. „Wenn du wechselst, dann fängst du immer auch ein bisschen von vorne an“, sagte der Bayern-Coach. Ob München diese Heimat werden könnte, wird wohl auch vom weiteren Verlauf dieser Saison abhängen. Vor allem Erfolge in der Euroleague würden Bonga den Verbleib im Audi Dome schmackhaft machen. Die zweitbeste Liga der Welt hat es ihm schon jetzt angetan. Vor allem die stimmungsvollen Auswärtsspiele wie im Hexenkessel von Belgrad. „Wenn richtig Stimmung ist und alle dich ausbuhen“, sagte er fast schwärmerisch, „das mag ich.“

Am Freitag wird er das wohl wieder erleben. Dann treten die Bayern in der Königsklasse beim spanischen Vertreter Saski Baskonia Vitoria an.

Artikel 7 von 11