Kroatien zerstört Brasiliens Traum

von Redaktion

Selecao scheitert im Elfmeter-Drama – Tite tritt ab: „Kein Drama machen“

Al-Rajjan – Neymar sackte zusammen und lag reglos am Mittelkreis, um ihn herum weinten seine Brasilianer um den großen Traum, der auch in diesem Jahr nicht wahr wird. Bissige Kroaten standen im Weg, der Tanz der Selecao endete im WM-Viertelfinale – mit einem bitteren 2:4 im Elfmeterschießen.

„Wir hätten konzentrierter spielen können, wir haben einen Konter nicht gut verteidigt“, sagte Abwehrchef Thiago Silva, „das ist wahnsinnig schwer jetzt.“ Nun beginnt eine neue Ära, Nationaltrainer Tite trat noch am Freitag wie angekündigt nach sechs Jahren ab: „Das ist das Ende meiner Zeit, ich halte mein Wort“, sagte er, „wir sollten kein Drama daraus machen.“

Für den Vize-Weltmeister Kroatien um Altstar Luka Modric geht es jetzt im Halbfinale gweiter. „Wir sind ein kleines Land mit sehr großen Fußballern“, sagte der langjährige Bundesligaprofi Ivica Olic, heute Co-Trainer der Kroaten: „Ich bin sehr stolz.“

Nach 120 lange Zeit biederen Minuten hatte es 1:1 gestanden, erst in der Verlängerung nahm das Spiel Fahrt auf, und es hätte alles so schön sein können für Brasilien: Neymar, der seine Zukunft nach dem Ausscheiden ausdrücklich offen ließ („Will nichts garantieren“) traf nach einem doppelten Doppelpass traumhaft zur Führung (105.), er holte damit den großen Pele als Rekordschützen des Landes ein. Doch Bruno Petkovic (117.) glich noch aus, es war für die Kroaten der erste Schuss aufs Tor.

Und dann avancierte schon wieder Torhüter Dominik Livakovic zum Elfmeter-Helden, schon im Achtelfinale hatte er die Japaner verzweifeln lassen. Nun hielt er den Versuch von Rodrygo, Marquinhos scheiterte zudem am Pfosten – und ein ganzes Land weinte. „Der Hexa-Traum wird auf 2026 verschoben“, titelte O Globo trotzig.

Brasilien entwickelt allerdings einen Europa-Komplex: Seit dem Final-Triumph gegen Deutschland vor 20 Jahren gab es sechs K.o.-Duelle gegen europäische Teams – und dabei sechs Niederlagen.

Dieses Mal waren es die Kroaten, die hart arbeiteten, um den vermeintlich übermächtigen Gegner zu entnerven. Das gelang eindrucksvoll. Im Achtelfinale gegen Südkorea (4:1) war Brasilien geradezu zum Sieg getanzt, am Freitag nun wirkte das Team schwerfällig.

Die Probleme wurden früh im Spiel offensichtlich, Kroatiens Trainer Zlatko Dalic ließ seine routinierte Mannschaft mit großem läuferischen Aufwand hoch attackieren. Das war der Favorit bei dieser WM nicht gewohnt. Kroatien verteidigte souverän und hatte sich vorgenommen, den Edeltechnikern mit Kontern auf die Nerven zu gehen. Eine Prise Härte, auch gegen Neymar, war Teil der Taktik, Gvardiol organisierte die Abwehr stark. Erstaunlicherweise bekam Kroatien nicht weniger Ballbesitz als der Gegner, dennoch stieg der Druck. Livakovic musste retten. Bald ging es torlos in die Verlängerung, erst hier nahm die Begegnung Fahrt auf – und Neymar wirkte nur für Minuten wie der große Held.  sid

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