Neuers Tourenski-Unfall

Der Club muss es auslöffeln

von Redaktion

JOSÉ CARLOS MENZEL LÓPEZ

Über die momentane Gemütslage an der Säbener Straße kann nur gemutmaßt werden. Wütend? Entsetzt? Verzweifelt? Es bedarf aber auch keiner Kristallkugel, um sich die Mienen von Oliver Kahn, Hasan Salihamidzic & Co. vorzustellen. Der Reihe nach: Sadio Mané? Fällt nach einem Sehnenriss am Wadenbeinköpfchen monatelang aus. Lucas Hernández? Muss mit einem Kreuzbandriss noch länger passen. Und als ob das alles nicht schon genug wäre, wartet Manuel Neuer auch noch mit einer Unterschenkelfraktur auf. Nicht etwa bei der WM erlitten, wo die deutsche Elf bekanntlich früh ausgeschieden ist, sondern beim „Skitourengehen“. Auf Touren dürfte auch Kahns Puls gewesen sein, als er von Neuers Wintersport-Abenteuer Wind bekam.

Denn fernab von jedwedem Verbot oder vertraglichen Vereinbarungen ist hier doch vor allem ein Appell an den gesunden Menschenverstand angebracht. Der Körper ist immerhin des Sportlers höchstes Gut, warum ihn also beim Skifahren (oder Skitourengehen, wie auch immer) unnötiger Gefahr aussetzen? Gerade dann, wenn man mit bald 37 Jahren vielleicht nicht mehr der flexibelste ist und der eigene Körper einen – Stichwort: Schultereckgelenk – vor rund einem Monat fast die WM-Teilnahme gekostet hätte. Zur Erinnerung: Der Schlussmann musste sich in der Vergangenheit bereits am Mittelfuß und am Knie Eingriffen unterziehen; die Knie-OP erfolgte kurioserweise nur wenige Stunden nach einer Bergwanderung in der Nähe seines Wohnorts am Tegernsee. Und jetzt also Risiko-Skiing am Spitzingsee. Muss das sein? Muss es geduldet werden?

Neuer ist Kapitän des FC Bayern sowie der deutschen Nationalelf, hat in diesem Zusammenhang also auch eine Vorbildfunktion. Dass eine Binde nicht vor Fehlern schützt, wohl aber ein intaktes Reflexionsvermögen, stellte seinerzeit ein gewisser Arjen Robben unter Beweis. Der Niederländer, mittlerweile im Fußballerruhestand und wie Neuer ebenfalls vertraut mit OP-Tischen, hat sich erst nach seinem Karriereende den Traum vom Skisport erfüllt – bewusst. Das Risiko, sich dabei schwerer zu verletzen und seinen Beruf nicht ausüben zu können, war dem verantwortungsbewussten Kicker zu groß. Ein Konzertpianist jongliert zum Spaß ja auch nicht mit Küchenmessern. Anders als beim Tastenvirtuosen löffelt hier aber nicht der Ballvirtuose, sondern sein Club die Suppe aus. In diesem Sinne: gute Genesung!

carlos.menzel-lopez@ovb.net

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