Kane und das Elfer-Drama

von Redaktion

Im Duell der Mittelstürmer siegt Frankreichs Giroud

VON GÜNTER KLEIN

Al-Khor – Mittelstürmer sind wieder in im großen Fußball, die letzten Instanzen vor dem Tor. England hat einen solchen kantigen Kerl, auch Frankreich hat seine wuchtige Neun. Harry Kane (29) und Olivier Giroud (36) – sie wurden zu den Figuren des Könnens (beide), der Tragik der eine, der Glückseligkeit der andere. Sie schrieben die Geschichte eines bemerkenswerten Viertelfinals dieser WM. In dem England besser war, aber nicht gewann. Sieger war Frankreich mit einem 2:1 – es trifft am Mittwoch auf Marokko.

„Wie geht es Harry?“ Das wurde Declan Rice gefragt, als er sich als erster Engländer aus der Kabine gewagt hatte. Harry Kane bot, so Teammanager Gareth Southgate, „seine beste Leistung in diesem Turnier. Er war ein echter Leader.“ Einer, der zum Elfmeterpunkt geht, wenn es gefordert wird. Das tat Kane zweimal. Einmal ging es gut, er traf entschlossen zum 1:1 (54.). Das zweite Mal fand in der 84. Minute statt, als England wieder im Rückstand lag und nach Videobeweis einen Strafstoß zugesprochen bekam. „Meine Vorbereitung war wie beim ersten Penalty“, sagte Kane.

Er jagte den Ball über den Kasten. England und Elfmeter. Es war diesmal kein Elfmeterschießen, wie es die Engländer über Jahrzehnte bis zur WM 2018 traumatisch verfolgte, es waren zwei einzelne Elfmeterschüsse, die sich aus Ahndungen von Spielsituationen ergaben. „Absolut niedergeschlagen. Es lag an einem kleinen Detail, für das ich Verantwortung übernehme. Es gibt kein Verstecken und es wird Zeit brauchen, das zu verarbeiten. Aber das gehört zum Sport“, schrieb Kane bei Twitter.

Trainer Southgate ist als Spieler dafür berühmt gewesen, einen entscheidenden Elfer 1996 gegen Deutschland versemmelt zu haben. Er sagt: „Die Besten haben eine Quote von 85 Prozent.“ Auch bei ihnen also ist Fehlerhaftigkeit Teil des Systems. Der zweite Strafstoß von Kane deckte Teile der verbleibenden 15 Prozent ab. Jetzt aber hinüber zu Olivier Giroud, zum französischen Mittelstürmer. Er machte sich im Achtelfinale mit seinem 52. Länderspieltor zum Rekordhalter der Equipe tricolore vor Thierry Henry, „mein 53. aber war noch besser“. Ein formvollendeter Kopfball nach Flanke von Antione Griezmann zum 2:1 (78.). „Kurz zuvor hatte ich nicht hart genug geschossen, doch ich wusste: Eine Chance kommt noch.“ So war es.

Giroud ist die Zweitbesetzung, der Ausfall von Karim Benzema eröffnete ihm die Chance auf einen regelmäßigen Einsatz. Mochten die Engländer den gefürchteten Kylian Mbappé im Griff gehabt haben – da war eben noch Giroud. Und Aurelien Tchouameni, der in der 17. Minute das 1:0 erzielte. „Ich wüsste nichts, was wir hätten besser machen können“, meinte Southgate, der „mit Abstand entscheiden“ will, wie seine Zukunft aussieht.

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