„Als Spieler willst du beste Bedingungen“

von Redaktion

1860-Kapitän Lex und Stürmer Bär verteidigen das geplante Luxus-Trainingslager in der Türkei

München – Angela Merkel und Barack Obama waren dort – im Rahmen des G 20-Gipfels 2015. Auch Jennifer Lopez und andere Popgrößen sind exklusiv im Regnum Carya aufgetreten – im Vorzeigehotel von Belek, in dem auch Real Madrid seine königlichen Talente trainieren lässt. Aus den vielen Fünfsterne-Resorts an der türkischen Riviera sticht das Regnum nicht nur wegen seiner Größe hervor (1 Mio. Quadratmeter), sondern auch wegen seiner sonstigen Superlative: 13 Restaurants, Luxus-Spa, Jungle Gym unter Palmen, dazu herrlich gepflegte Golf-, Tennis- und Fußballplätze.

Auf letzteren wird in Kürze auch ein deutscher Drittligist versuchen, seine Form wiederzufinden: der TSV 1860, der für seinen letztjährigen Belek-Aufenthalt noch das Sueno Deluxe gebucht hatte. Drei Nächte im Doppelzimmer kosten dort nicht 1744 Euro wie im Regnum Anfang Januar, sondern sieben bis acht große Scheine weniger (Quelle: booking.com).

Wessen Initiative es war, dass sich die Löwen Luxus wie Staatsmänner gönnen, kann nur vermutet werden. Fakt ist aber, dass die Wahl des Trainingslager-Domizils nicht nur die Fans staunen lässt, sondern auch den Vereinspräsidenten. Gegenüber „Bild“ übte Robert Reisinger deutliche Kritik an der Auswahl des Quartiers: „Das hat Champions-League-Niveau, kostet fast die Hälfte mehr als letzte Saison. Wir rühmen uns immer mit Fan-Nähe, verbarrikadieren uns jetzt aber in einem sündhaft teuren Hotel und schließen die Anhänger aus.“ Reisingers Meinung, die er keineswegs exklusiv hat: „Das ist nicht, wie ich 1860 verstehe.“

Typisch für 1860 ist allerdings, dass es nicht lange dauerte, bis sich der Erste fand, der sich demonstrativ auf die Seite der Regnum-Befürworter stellte. Über seinen Instagram-Kanal teilte Investor Hasan Ismaik mit: „Dass (…) immer wieder das anstehende Trainingslager in Belek kritisiert wird, finde ich äußerst deplatziert. Unsere Geschäftsführung und Trainer Michael Köllner haben sich bewusst für die Tage in der Türkei entschieden, wohlwissend, dass es der Mannschaft an nichts fehlen soll. Natürlich wünschen wir uns alle, dass unsere Spieler dies auch honorieren und mit starken Leistungen auf dem Platz zurückzahlen.“

Besagte Spieler wirken in diesen Wintertagen ebenfalls nicht unglücklich darüber, dass ihnen ihr Arbeitgeber ein behagliches Januar-Camp ermöglicht. „Es wird alles probiert, dass wir gute Bedingungen haben“, sagt Kapitän Stefan Lex: „Was es am Ende preislich ausmacht – dazu bin ich viel zu weit weg. Für uns als Spieler ist es immer gut, wenn du einen Platz am Hotel hast. Das Schlimmste ist, wenn du nicht gescheit trainieren kannst oder eine Viertelstunde irgendwo hinfährst, wo du dann auf irgendeinem Acker rumhaust, den du dir auch noch mit einer anderen Mannschaft teilen musst. Da hat am Ende keiner was davon.“

Auch Marcel Bär, Dubai-Urlauber wie sein Trainer, sieht eher die Vor- als die Nachteile des Türkei-Sorglospakets: „Als Spieler will man immer die besten Voraussetzungen haben“, sagt der Stürmer: „In meiner Karriere habe ich schon erlebt, dass gebuchte Plätze gesperrt waren oder da auf einmal andere Vereine trainiert haben. So was bringt uns nichts. Da brauchst du dann gar nicht hinfliegen, denn das ist am Ende dann auch verbranntes Geld.“

Überhaupt, beschied Bär allen Nichtsportlern, sei der Sinn eines Trainingslagers nicht hoch genug zu bewerten. „Du verbringst sehr viel Zeit miteinander, besprichst auch mal Themen privater Natur – das kann Balsam für die Seele sein.“ Dazu kämen „viel mehr Trainingseinheiten als sonst“, andere Abläufe und gemeinsame Mahlzeiten. In der Summe, findet Bär, kann ein gelungenes Trainingscamp eine Mannschaft entscheidend voranbringen.

So wie im zurückliegenden Januar, als die Löwen sportlich durchstarteten, nachdem sie ein paar viel gepriesene Tage in der Türkei verbracht hatten. Vizepräsident Hans Sitzberger schwärmte vom „Geist von Belek“, der Wehen Wiesbaden trotz eines 0:2-Rückstandes noch mit 3:2 bezwungen habe. Der entscheidende Unterschied: Den Geist von Belek gab es damals zum halben Preis. ULI KELLNER

Artikel 8 von 11