München – Es gibt Daten und Fakten, die über jeden Zweifel erhaben sind. Und wenn man als Maßstab gewonnene Titel, erzielte Transfererlöse oder ausgebildete Nationalspieler nehmen würde, könnte man sich die ganze Diskussion sparen. Diejenigen, die da heute als sogenannter „Expertenrat“ des DFB in einer Videoschalte ihre Arbeit aufnehmen, um den deutschen Fußball in die richtige Richtung zu lenken, haben, teils mehrere Jahrzehnte lang, bewiesen, dass sie Expertise auf diesem Gebiet haben. Aber Kritiker ziehen halt andere Zahlen heran. Sie lauten: Fünf, null – und 58,2.
Ein Quintett aus geballter Kompetenz haben DFB-Präsident Bernd Neuendorf und sein Vize Hans-Joachim Watzke ja berufen, der Rat besteht aus ausschließlich Männern (also logischerweise keiner Frau) – und ist im Durchschnitt 58,2 Jahre alt. Böse Zungen behaupten, dass die Besetzung Karl-Heinz Rummenigge (67), Rudi Völler (62), Oliver Mintzlaff (47), Oliver Kahn (53) und Matthias Sammer (55) die Grundproblematik des Männerfußballs im DFB widerspiegelt. Eine Elefantenrunde, sagt man, teils hinter vorgehaltener Hand, teils öffentlich. Das Problem: Niemand will den Herren das Fachwissen absprechen. Dennoch fragt man sich, ob neue Impulse nicht zuträglich wären.
Die Reaktionen in den sozialen Netzwerken waren teils drastisch. Etwas differenzierter bewerten diejenigen die Thematik, die näher dran sind. ARD-Experte Thomas Hitzlsperger etwa, immer noch ein Kandidat auf einen vakanten Posten nach dem Ausscheiden von Oliver Bierhoff, erhofft sich kreative Lösungen von der Runde – und sagt: „Wenn am Ende die Fünf Fredi Bobic empfehlen und er kriegt den Job, dann würde ich schon lachen. Es muss schon mehr rauskommen als ein Name, der eh schon im Gespräch ist.“ Ähnlich sieht es Sami Khedira. Dem Ex-Nationalspieler, beim VfB Stuttgart selbst in beratender Funktion tätig, „fehlt so ein bisschen das Schlüssige“. Nicht ganz so kritisch sieht Weltmeister Toni Kroos die Sache. Man könne „ewig“ über die „genaue Zusammensetzung“ diskutieren, sagte der 32-Jährige: „Aber ich finde, da sind Leute drin, die haben über Jahre Erfolge gehabt.“ Das „gemeinsame Ziel“ müsse es sein, „dass es besser läuft beim DFB“. Dafür haben alle fünf Experten Vorstellungen – und differenzierte Rollen.
Heute wird es darum gehen, „eine Agenda“ aufzustellen – „und dann die Dinge abarbeiten, die von der Task Force erwartet werden“, sagte Rummenigge gestern in Doha. Wie seine neuen Kollegen wolle der ehemalige Bayern-Boss „einen Beitrag leisten, dass wir bei der Europameisterschaft in anderthalb Jahren wieder eine schlagkräftige Mannschaft haben, die die Menschen auch begeistern kann“. Während er als Intimus von Hansi Flick gefragt ist („Mit Hansi und einem noch zu findenden weiteren sportlichen Part an seiner Seite kann man in die Erfolgsspur zurückfinden“). und Kahn die Interessen des größten Blocks in der Nationalmannschaft vertritt, erhofft man sich von Mintzlaff Erkenntnisse aus dem modernen Red-Bull-Kosmos. Vor allem Infrastruktur und Nachwuchskonzept soll der neue starke Mann des Konzerns einbringen. Nur kuschelig wird es im Gremium übrigens nicht zugehen. Nach Informationen unserer Zeitung sieht etwa Sammer die Rolle des Bundestrainers kritisch.
Am Ende soll der Austausch der Sache dienen. „Wir müssen mit Demut Fußball spielen. Und wir müssen wieder Herzblut reinbringen“, sagte Rummenigge. Aber er weiß auch, dass ab heute nur noch eine Zahl zählt: Die der Titel, Null wären blöd.