Triumph zur rechten Zeit

von Redaktion

BOB Lochner schlägt Friedrich und tönt: „Bei der WM ist er fällig“ – aber erst wird geheiratet

VON HANNA RAIF

München – Daheim, in Berchtesgaden, schaute eine junge Frau besonders genau hin. An diesem Donnerstag, zwei Tage vor Weihnachten, wird Johannes Lochner seiner Hannah das Ja-Wort geben, aber vorher hatte der zukünftige Gatte noch eine Mission zu erfüllen. In Lake Placid, mehr als 6000 Kilometer Luftlinie entfernt, wollte er sich und dem Rest der Welt beweisen, dass er es noch kann. Der Schnellste sein, ganz oben stehen – und vor allem Dominator Francesco Friedrich schlagen. Das ist am Samstag im Zweierbob gelungen.

Mit einem breiten Grinsen sah man den 32-Jährigen die Bobs verladen, die heute nach der fünfwöchigen Übersee-Tour wieder über den großen Teich fliegen. Und die Erleichterung, den Stolz konnte man auch in Lochners Worten hören. „Endlich wieder – ich habe wirklich schon fast vergessen, wie es sich anfühlt, zu gewinnen“, sagte der Weltmeister von 2017 unserer Zeitung und schob hinterher „Es ist einfach so geil!“ Seit Dezember 2020, damals in Innsbruck-Igls, hat Lochner keinen Zweier-Weltcup mehr gewonnen. Die Last, die nun nach dem dritten Rennen der Saison – und zwei Friedrich-Triumphen – von ihm abfiel, war dementsprechend groß.

Schon in den letzten Rennen war Lochner nah dran, diesmal aber konnte Friedrich die 0,17 Sekunden Rückstand aus dem ersten Lauf nicht mehr aufholen. „Es wurmt uns“, sagte der viermalige Olympiasieger, „aber Hansi war heute klar besser“. Zuletzt im Januar in Sigulda, damals aber im Vierer, stand der 32-Jährige nicht ganz oben. Es war ein ungewohntes Bild, ihn im Zielraum gratulieren zu sehen. Aber Friedrich nahm die Niederlage sportlich: Er herzte Lochner lange und innig.

Eine Kampfansage kam schon in diesen Sekunden („in Winterberg geht’s wieder heiß her“), aber Lochner hat nun – endlich – Argumente gegen seinen großen Widersacher. Er gab zu: „Ich dachte wirklich, ich kann es nicht mehr.“ Nach dem Triumph aus Lake Placid aber sei er „fest davon überzeugt, dass der Franz in St. Moritz fällig ist“. Auf der einzigen Naturbahn der Welt steht Ende Januar die WM an, „ein gutes Gefühl“ gibt Lochner nicht nur die eigene Leistung, sondern auch die von Anschieber Georg Fleischauer. Der ehemalige Leichtathlet – mehrfacher deutscher Meister im Hürdenlauf – „ist eine echte Bereicherung fürs Team. Er hat so viel Power und ist so schnell“, sagte sein Chef. Lochner kann sich „nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so schnell gestartet bin“.

Fleischauer freute sich gleich bei seiner Zweier-Premiere über den ersten Sieg. Und bringt dadurch auch Unruhe ins Team von Friedrich. Der Plan des Rekordweltmeisters, mit Blick auf die WM auf Alexander Schüller und nicht Stamm-Anschieber Thorsten Margis zu setzen, wird aktuell hinterfragt. „Der Thorsten hat sich sehr mit uns gefreut. Er liebäugelt mit St. Moritz“, verriet Lochner: „Da werden wir jetzt ein bisschen sticheln.“

Lochner und Friedrich mögen und schätzen sich, sie provozieren sich aber auch gerne. Lochners Erfolg dreht die Karten nun um. „Ich freue mich heute über alles“, sagte der Olympiazweite: „Dass wir den Franz ärgern konnten – und es endlich wieder spannend wird.“ Denn selbst er würde sich seinen geliebten Sport als TV-Konsument „nicht mehr anschauen, wenn immer nur einer gewinnt“. Im Januar will er nachlegen, als Ehemann.

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