München – Oliver Kahn (53) richtete den Blick sofort wieder nach vorne. Nur wenige Minuten nach dem WM-Endspiel gegen Argentinien, twitterte der Vorstandsboss, motivierende Worte an Bayerns geknickte Franzosen: „Nach einem verlorenen Endspiel geht es darum, wieder aufzustehen und weiterzumachen.“ Auch Herbert Hainer (68) versuchte es mit positiver Energie – und einer Abwandlung des Schlachtrufs der Equipe tricolore: „2023 heißt es dann wieder mit neuem Elan ,Allez les Rouges!’“ Sinngemäß: Auf geht’s, Rote! Aber lässt sich eine solche Enttäuschung so leicht abschütteln?
Fakt ist: Die Bayern stellten mit 16 Profis die meisten WM-Fahrer ab. Sie flogen als selbstbewusste Wintermeister nach Katar. Fakt ist aber auch: Neben den vier Franzosen kehren auch die meisten anderen Münchner Stars mit hängenden Köpfen zum Verein zurück. Den sieben deutschen Nationalspielern fällt es nach dem blamablen Vorrunden-Aus vermutlich ebenfalls schwer, sich wieder aufzurichten. Einzig Josip Stanisic, der mit Kroatien das Spiel um Platz drei gewinnen konnte, kommt mit einem Erfolgserlebnis zum Trainingsauftakt am 3. Januar an die Säbener Straße.
Trainer Julian Nagelsmann (35) wird in der Wintervorbereitung Aufbauarbeit leisten müssen. Auch damit die aktuelle Saison erfolgreicher wird als die vergangene. Eines ist klar: Eine weitere Spielzeit mit nur einem Titel genügt den eigenen hohen Ansprüchen nicht. Der Druck auf Nagelsmann ist groß. Der Trainer weiß: Zwei Pleiten in Serie, ein Aus im Achtelfinale der Champions League gegen Paris Saint-Germain – und in München wird es ganz schnell wieder ungemütlich für ihn.
Die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Frühjahr sind alles andere als ideal. Unsere Zeitung erklärt Nagelsmanns Sorgenliste.
Torhüter: Manuel Neuer (36) zog sich bei einer Skitour einen Unterschenkelbruch zu und fällt bis Saisonende aus. Die Verantwortlichen sind auf der Suche nach einem starken Vertreter im Tor. Der Plan, Alexander Nübel (26) von seiner Monaco-Leihe zurückzuholen, droht zu scheitern. Ein Gespräch zwischen Bayern und der Nübel-Seite ist für Anfang der Woche geplant (wir berichteten). Als ein Plan B neben Gladbach-Keeper Yann Sommer (34/Vertrag bis Sommer 2023) gilt Marokkos Bono (31/Vertrag bis 2025 beim FC Sevilla). Nach unseren Informationen stehen die Münchner bereits in losem Kontakt mit der Spielerseite. Mögliche Ablöse: rund 20 Millionen Euro.
Abwehr: Verteidiger Lucas Hernández (26) zog sich bei der WM einen Kreuzbandriss zu. Sollte sich noch ein weiterer Innenverteidiger verletzen, sind die Optionen rar. Benjamin Pavard (26) liebäugelt offen mit einem Wechsel, bei Frankreich wurde er zum Bankdrücker degradiert. Fällt gar Alphonso Davies (22) aus, hätte Bayern keinen Linksverteidiger mehr im Kader. In der Rückrunde 2021/22 musste Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer (28) dort aushelfen.
Sadio Mané (30): Der Senegalese verpasste die WM aufgrund eines Sehnenrisses am Wadenbeinköpfchen. Dem Vernehmen nach soll es ein Wettlauf gegen die Zeit sein, dass der Angreifer bis zum Champions-League-Achtelfinale wieder in Topform ist.
Sturm: Die Verantwortlichen sind der Meinung, dass Eric Maxim Choupo-Moting (33) zuletzt nicht überperformt hat. Darauf hofft auch Nagelsmann. Trotzdem befürchtet er, dass der Neuner seine irre Torquote nicht halten kann. Nicht umsonst läuft die Suche nach einem neuen Stürmer ab Sommer schon längst.
Scout Pirmin Schwegler (35) wird dabei nicht mehr helfen, er wechselt ab Januar zu Hoffenheim. Der 35-Jährige soll im neuen Jahr im Team von Alexander Rosen, Direktor beim Bundesligisten, arbeiten. Zuerst hatte der TV-Sender Sky darüber berichtet. Schwegler war seit zwei Jahren beim FCB. Er spielte von 2014 bis 2017 in Hoffenheim, davor für Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen, danach für Hannover 96. Sein letzter Verein als Fußballprofi waren bis 2020 die Western Sydney Wanderers in Australien.