Doha – Für Lionel Messi war der goldene WM-Pokal schon zum Greifen nah, da schlich sich der Emir von Katar von hinten grinsend an den argentinischen Superstar heran – und legte dem Kapitän des neuen Fußball-Weltmeisters eindeutig ungefragt einen traditionellen Bischt um. Ein Bischt ist ein traditioneller Umhang, den Männer in den Golfstaaten und im Iran schon seit Jahrhunderten zu besonderen Anlässen und Feierlichkeiten anziehen. Er gilt heutzutage als Statussymbol. Vor allem hochrangige Politiker und Gelehrte tragen das leichte Gewand mit goldenen oder silbernen Bordüren. Es gibt die Umhänge in verschiedenen Farben wie schwarz, beige oder grau.
Messi wirkte sichtlich irritiert und lächelte mit dem ihm unbekannten Umhang mit goldenen Applikationen, der im arabischen Raum zu besonderen Anlässen getragen wird, tapfer in die TV-Kameras. So hätte auch Harry Potter nach einem Sieg bei der Quidditch-Weltmeisterschaft aussehen können. Für viele Beobachter war diese Aktion tatsächlich nicht mehr als ein kühl kalkulierter PR-Coup. Weil Messis Fotos von der Siegerehrung hängen bleiben werden von dieser WM der Inszenierungen.
„Es ist beschämend, dass man Messi in seinem argentinischen Trikot verdeckt hat“, sagte der ehemalige englische Nationalspieler und heutige BBC-Kommentator Gary Lineker. Und auch die deutschen TV-Experten hatten für das instrumentalisierende Verhalten der WM-Gastgeber wenig Verständnis.
Bastian Schweinsteiger, Weltmeister von 2014 und späterer Nationalmannschafts-Kapitän, etwa fand in der ARD, „dass man dem Spieler einen ganz großen Moment nimmt. Die Aktion war in meinen Augen nicht gelungen, das kann man später in der Kabine machen.“
Doch das wäre der Weltöffentlichkeit dann weitgehend verborgen geblieben, nicht im Sinne der absolutistischen Machthaber des Emirats. FIFA-Präsident Gianni Infantino, bei der Siegerehrung stets Seite an Seite mit Emir Tamim bin Hamad Al-Thani, goutierte die Aktion offenkundig ebenfalls. „Ihn da zu instrumentalisieren – autsch!“, sagte Ex-Nationalspielerin Tabea Kemme.
Messi, der von der Hundertschaft der Fotografen wirkungsvoll ins Bild gesetzt wurde, machte dabei gute Miene zum bösen Spiel. Der frühere DFB-Kapitän Michael Ballack lobte den Südamerikaner bei MagentaTV für seine Geduld: „Das war alles ein bisschen irritierend, aber es spricht für seinen Anstand, dass er das anbehält. Denn eigentlich repräsentierst du das Trikot – und das sollte auch sichtbar sein.“