Doha – Lionel Messi (35) hat endlich den WM-Titel. Aber ist er damit auch der GOAT – der „Greatest Of All Times“. Er duelliert sich mit Pelé (82) und Diego Maradona (60).
Pelé: Das erste Wunderkind, immer noch der jüngste Weltmeister mit 17. Der einzige dreimalige Weltmeister, obwohl er an einem brasilianischen Titel (1962) kaum beteiligt war.
Maradona: Das Genie, das jeden Wahnsinn mitmachte, sich zugrunde richtete, aber mehr Liebe erfährt als jeder andere.
Messi: Das kleingewachsene Kind aus Argentinien, das der FC Barcelona bekommt, weil er die Kur mit Wachstumshormonen bezahlt.
Pelé: Jeder gängige Trick im Fußball geht auf ihn in den späten 50er- und den 60er-Jahren zurück. Trotz geringer Größe (1,70 m) ein Stürmer, der auch Kopfball konnte.
Maradona: Der Ballstreichler: Als 16-Jähriger wurde er von Puma nach Herzogenaurach geholt, zeigte seine Kunststücke – und bekam einen Werbevertrag. Seine Art, in rasendem Tempo den Ball am Fuß zu führen, erhob ihn über die anderen.
Messi: Zweikämpfe verliert er eigentlich nicht, weil er den Ball perfekt abschirmen und verteidigen kann. Enorme Beschleunigung aus dem Stand, und obwohl seine Szenen oft hinter der Mittellinie beginnen, ein Torjäger, der in Spanien Rekorde aufstellte.
Pelé: Profi, weil er wusste, dass er als Aushängeschild des FC Santos stark gefordert war. Der Verein ging oft auf Tournee, um Geld einzuspielen. Auch später hoher Wiedererkennungswert.
Maradona: Er kokste, musste mehrmals auf Entzug, bei der WM 1994 wurde er als hochgedopt überführt, weil er mit einem Mix aus Aufputschmitteln versucht hatte, seinen füllig gewordenen Körper in Hochform zu bringen. Litt unter starken Gewichtsschwankungen.
Messi: Ein kleiner Spieler, aber er entwickelte leistungssportliche Athletik. Ein Leben in Disziplin und ohne Schludrigkeiten.
Pelé: Freundlichkeit bestimmte seine Ausstrahlung – weswegen er auf seine alten Tage die Idealbesetzung als Gesicht der aufstrebenden US-Liga (Cosmos New York) war. Unternahm als Sportminister einen Ausflug in die Politik, nachdem er seine Stimme jahrelang gegen die Militärdiktatur erhoben hatte. Erzielte aber keine Wirkung.
Maradona: Als Star zu einem Mittelklasse-Club wie dem SSC Neapel zu wechseln – heute unvorstellbar. Er allein machte den Verein groß. Allerdings war er beeinflussbar, von der Mafia, von Politikern, die sich mit ihm schmückten und ihn instrumentalisierten. In seiner Not nahm er die krudesten Trainer- und Funktionärsjobs an – von Belarus bis in die Vereinigten Arabischen Emirate. Er benahm sich unter Drogen in Stadienlogen daneben, konnte aber auch mit überbordender Herzlichkeit aufwarten, woran sich sein gefürchteter Gegenspieler Hans-Peter Briegel erinnert, der regelmäßig zu Weihnachten eine Postkarte von Diego Maradona bekam. Wahrscheinlich liebten ihn die Menschen, weil er so fehlbar war wie sie selbst.
Messi: Lionel Messi fasziniert als Spieler, ein konkretes Image hat er nicht. Sein Wechsel vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain wurde kritisch bewertet und kostete ihn Sympathien. Am einen Tag Abschiedstränen, am folgenden Willkommensglück. Bei einem Prozess wegen Steuerhinterziehung ließ ihn sein Status um eine Gefängnisstrafe herumkommen.
Pelé: Die Älteren wuchsen mit ihm als Maßstab für Weltklasse im Fußball auf. Er war die erste globale Marke des Sports.
Maradona: Seine Anhänger neigen zu mystischer Wahrnehmung. Sogar eine Kirche Maradonas wurde gegründet. Sein Tod vor zwei Jahren zerriss Argentinien fast vor Trauer.
Messi: Der Held der Generation Playstation und Youtube. In der Heimat lange zurückhaltend beurteilt, weil er mit dem Nationalteam keine Erfolge erzielte – das ist Vergangenheit.
Und wer ist nun der GOAT? Ach, das möge jeder selbst entscheiden.
GÜNTER KLEIN